GESCHICHTE


Ursprünge und das Mittelalter

Die frühesten Funde menschlichen Lebens in Andorra gehen bis auf die erste Eiszeit zurück. Keramikstücke, Ketten und andere Gegenstände zeugen von einer Besiedlung vor der Bronzezeit. Weitere archäologische Fundstücke sind die Steingravierungen von Ordino, Höhlenzeichnungen von La Roca de les Bruixes. Die Bewohner der Täler wurden zum ersten Mal in einem Text des griechischen Historikers Polybios (2. Jahrhundert v. Chr.) erwähnt. Polybios beschreibt, wie Hannibal die Pyrenäen überquert und erwähnt in diesem Zusammenhang die Stämme der Andosiner. Es gilt als gesichert, dass sich in den andorranischen Tälern im Zuge der Völkerwanderung Reste verdrängter Basken mit westgotischen Eroberern sowie der keltoiberischen Urbevölkerung vermischten. Die Täler Andorras unterlagen nacheinander und indirekt dem Einfluss des Römischen Reiches, der Westgoten, Mauren und Franken. Unter der fränkischen Herrschaft wurde die hispanische Grenze festgelegt, die „Ularea“, die das andorranische Gebiet begrenzte.

Andorra ist seit der Zeit Karls des Großen unabhängig. Es gibt die Legende, dass Karl der Große Andorra als Dank für die Hilfe seiner Einwohner bei seinem Kampf gegen die Sarazenen im Jahr 805 gegründet hat. Erste Hinweise auf Andorra finden sich im Zusammenhang mit der Verteidigung des Frankreiches unter Karl dem Großen gegen die maurische Invasion. Die Talschaft war eine bedeutende christliche Bastion im Hinterland des spanischen Bischofssitzes von La Seu d’Urgell in der 795 entstandenen Spanischen Mark. Die Gemeinden Andorras werden im Jahr 839 zum ersten Mal in der Urkunde der Sanktionierung von Urgell als Lehen des Grafen von Urgell erwähnt. In der Schrift Karls des Kahlen an Sunifred I. von Barcelona von 843 wird das andorranische Gebiet als Besitz des Grafen von Urgell definiert, und in der Einweihungsakte der Kathedrale Seu d’Urgell, die 860 unterzeichnet wurde, wird erwähnt, dass das Gebiet dem Einfluss der Kirche unterliegt.

In der langen Phase maurischer Hegemonie in Spanien orientierte sich Andorra stärker nach Norden, was die engen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zum Frankenreich begründete. Nach der Vertreibung der Mauren wurden seit dem 12. Jahrhundert von Frankreich und Spanien Annexionsversuche unternommen. 1278, mit dem Friedensvertrag von Lleida, wurde der Status eines Fürstentums ohne Fürsten unter der geteilten Oberhoheit (so genanntes Kondominium) des Bischofs von Urgell (Spanien) und der Grafen von Foix (heute in Rechtsnachfolge der Präsident von Frankreich) geschaffen.


15. bis 19. Jahrhundert

1419 wurde der Consell de la Terra geschaffen, eine Art primitives Parlament und wichtigstes Repräsentativorgan Andorras. Er war der Vorreiter des heutigen Consell General de les Valls (Generalrat der Täler) und versammelte alle Oberhäupter der wichtigsten andorranischen Familien. Die politische Struktur, die im Mittelalter entstanden ist, wurde im Laufe des 16., 17. und 18. Jahrhunderts stabilisiert. Auch die politische und wirtschaftliche Macht der wichtigsten andorranischen Familien festigte sich.

Anfang des 18. Jahrhunderts befand sich Andorra in einer wirtschaftlich und institutionell schwierigen Lage, die unter anderem auf die internen Konflikte im benachbarten Spanien zurückzuführen war. Spanien zerstörte nämlich alle katalanischen Institutionen und drohte damit, den nova planta-Erlass von 1714 auf alle Drittstaaten, die Waren nach Spanien einführten, anzuwenden. Der Erlass sah die Erhebung einer Abgabe auf alle Produkte, die nach Spanien eingeführt wurden, vor. Die Abgabe entsprach 10 % des Produktwertes. Die Andorraner mussten jahrelang verhandeln, bis sie ein Sonderabkommen unterzeichnen konnten, die Sentència Manutenció von 1738. Dieser Text legte eine Abgabenbefreiung für andorranische Produkte fest. Ende des 18. und im 19. Jahrhundert herrschten in Andorra Konflikte, Streitigkeiten und eine instabile Lage, sowohl auf sozialer als auch auf wirtschaftlicher und institutioneller Ebene.

Die Französische Revolution führte in Frankreich zur Nicht-Anerkennung des Status des Co-Fürstentums durch die französischen revolutionären Kräfte. Die folgenden Jahre war Andorra wie gelähmt. Einziger Herrscher des Landes war der Bischof. Das Land verlor von französischer Seite aus alle seine Privilegien, unter anderem die Steuerbefreiung, seine Stabilität und seine Neutralität der Justiz, der inneren Angelegenheiten und des Handels. Auf Antrag der Andorraner stellte Napoleon jedoch 1806 den Status quo ante wieder her und erneuerte somit alle Verbindungen, Vorrechte, Vorteile, Handelsbeziehungen, Steuerbefreiungen und Institutionen, die Andorra mit dem französischen König verbanden. Das Amt des französischen Co-Prinzeps wird seitdem von der höchsten Autorität Frankreichs übernommen. Es ist ein Element, das bis heute von keinem der verschiedenen Nachfolger, von Napoleon über Ludwig XVIII. bis Nicolas Sarkozy in Frage gestellt worden ist.


20. Jahrhundert

Durch die Errichtung von Verkehrs- und Kommunikationswegen wurde im 20. Jahrhundert das traditionelle Gesicht des Landes grundlegend verändert. Der Bau einer Straße 1913, die Andorra mit Spanien verbindet, der Bau einer weiteren Straße nach Frankreich und ins Innere der Täler 1933, die Errichtung eines Stromnetzes, die Eröffnung einer spanischen und französischen Post, die Einführung des Radios 1935 und die Eröffnung einer Skistation 1934 waren dafür entscheidende Faktoren. Vom institutionellen Standpunkt aus gesehen machte die Demokratie im Jahr 1933 mit der Einführung des Wahlrechts für alle volljährigen Männer einen Schritt nach vorne. Das Wahlrecht für Frauen wurde erst 1971 eingeführt, als Wirtschaftswachstum und Wohlstand in Andorra schon gefestigt waren (Wirtschaftsboom seit den sechziger Jahren).

Im Jahre 1934 erlangte der russische Adelige Boris Skossyrew die Macht in Andorra und ließ sich am 7. Juni vom Generalrat zum König Boris I. wählen. Seine Herrschaft dauerte jedoch nur bis zum 21. Juni, da er durch Intervention des Bischofs von Urgell verhaftet und des Landes verwiesen wurde. Am 25. September 1939 schloss Andorra einen Friedensvertrag mit Deutschland, mit dem es sich aufgrund der Nicht-Unterzeichnung des Versailler Vertrags seit dem Ersten Weltkrieg juristisch noch im Kriegszustand befand. Dies hat dazu beigetragen, dass Andorra im Zweiten Weltkrieg seine Neutralität bewahren konnte.

Größere Mitbestimmungsrechte blieben der Bevölkerung über lange Zeit weitgehend versagt. Zwar erhielt Andorra mit dem so genannten Generalrat der Täler eine Volksvertretung, doch besaß diese keine direkte legislative Gewalt. Erst in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts änderte sich das institutionelle Arrangement. Ende der Siebziger-Jahre wurde ein neues institutionelles Reformvorhaben eingeleitet, das 1981 mit der Schaffung eines Exekutivorgans abgeschlossen wurde: der Regierung. Parallel dazu wurde ein Legislativorgan geschaffen: der Generalrat. Die Rechte der beiden Co-Fürsten wurden im frühen 20. Jahrhundert von zwei nicht in Andorra residierenden Delegierten ausgeübt. Diese entsandten einen Vogt nach Andorra, der die Aufsicht über die Gesetzgebung und Verwaltung hatte und jährlich einen symbolischen Tribut für die Co-Fürsten einnahm. Am 25. Januar 1981 wurde vom Generalrat der Täler nach 703 Jahren Unabhängigkeit als Pyrenäen-Freistaat die erste Verfassung verabschiedet. Diese sah die Bildung eines Exekutivrates sowie eine Verwaltungsreform vor.


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