Im
18. Jahrhundert entstanden vor der Westseite des Kapellenflügels ein
Fachwerkbau für die herzogliche Gemäldesammlung und auf der nordöstlichen
Bastion der Teepavillon, für dessen Freitreppe der Bildhauer Johann
Christoph Lücke (1703–1780) 1742 vier Putten schuf. 1764 verließ der
Hof unter der Regierung Herzog Friedrichs des Frommen Schwerin und
siedelte in die neu entstehende Residenz Schloss Ludwigslust über. Als
die Residenz 1835 nach Schwerin zurückverlegt wurde, befanden sich die
Schlossgebäude in einem schlechten baulichen Zustand. Außerdem
entsprachen die aus verschiedenen Stilepochen stammenden einzelnen
Bauten und die ihnen zugeordneten Wirtschaftsgebäude nicht den
Vorstellungen des Landesherrn von seiner zukünftigen Residenz. Der Großherzog
Paul Friedrich I. (1800–1842) entschloss sich deshalb, am Alten
Garten, am Platz des heutigen Museums, einen Schlossneubau errichten zu
lassen. Der nach Plänen des Hofbaumeisters Georg Adolf Demmler
(1804–1886) begonnene Bau wurde nach wenigen Monaten eingestellt, da
der Nachfolger des 1842 plötzlich verstorbenen Großherzogs, der erst
19jährige Friedrich Franz II. (1823–1883), von diesem Neubau
Abstand nahm und sich für eine tiefgreifende Umgestaltung der
historischen Anlage auf der Schlossinsel entschied.
Dieser
Umbau sollte sich nach den Vorstellungen des Großherzogs zunächst auf
die gesamte Anlage erstrecken. Später wurde auf Betreiben Demmlers der
Beschluss gefasst, die vier historischen Schlossbauten aus dem 16. und
17. Jahrhundert auf der Seeseite zu schonen. Eine weitere Forderung des
Bauherrn war die Ausbildung einer repräsentativen Eingangsfront in der
Achse der durch mehrere Neubauten bereits deutlich aufgewerteten, von
der Stadt zum Schloss führenden Schlossstraße. Demmler war von der
Aufgabe, das Schloss in einem älteren Stil umzugestalten, nicht
begeistert. Seine diesbezüglichen Entwürfe im Windsor-Castle-Stil und
im Stil Piloots waren auch unzulänglich und wurden abgelehnt. Daher
wurde der Dresdner Architekt Gottfried Semper (1803–1879) 1843 mit
einem Konkurrenzentwurf beauftragt, der höchstes Lob erntete, aber
dennoch nicht angenommen wurde. Parallel dazu fertigte Demmler einen
neuen Entwurf an. Nach einer längeren Studienreise, unter anderem nach
Frankreich, fertigte Demmler unter Einbeziehung von Ideen des ihn
begleitenden Hermann Willebrand einen letzten Entwurf, der Elemente von
Sempers Vorschlägen enthielt, aber ein eigenständiges Konzept
darstellte. In seiner Grundhaltung war er deutlich an französischen
Renaissanceschlössern, insbesondere an Schloss Chambord, orientiert.
Mit
dem Umbau des Schweriner Schlosses schuf Demmler sein bedeutendstes
Werk. In Berlin 1804 geboren und in Güstrow aufgewachsen, studierte er
an der Berliner Bauakademie und erhielt 1823 seine erste Anstellung in
Schwerin. Von seinem Berliner Lehrer Karl Friedrich Schinkel
(1781–1841) gefördert, übertrug man ihm 1825/26 die Leitung des in
der Schlossstraße zu errichtenden Regierungsgebäudes (heute
Staatskanzlei M-V), das im wesentlichen nach seinen Entwürfen entstand.
Diesem Auftrag folgten bald weitere, so die Fassadengestaltung am Altstädtischen
Rathaus, der Neubau von Arsenal und Marstall und städtebauliche
Planungen, denn Schwerin wuchs in jenen Jahren rasch über seine noch
mittelalterlichen Grenzen hinaus. Demmler
leitete den Schlossbau einschließlich dem Neubau der Schlossbrücke vom
Beginn der Abbrucharbeiten 1843 bis zum Jahresbeginn 1851. In dieser
Zeit bemühte sich der Baumeister auch, soziale Härten für die vielen
am Schlossbau beschäftigten Arbeiter durch die Gründung einer Unfall-
und Krankenkasse zu mildern, und mehrfach setzte er sich für eine
gerechte Entlohnung der Beschäftigten ein. Sein Engagement in der bürgerlich-demokratischen
Bewegung 1848/49 und seinen Kampf um den Erhalt der errungenen
Verfassung nutzten konservative Kreise des Hofes aus und setzten schließlich
1851 seine Entlassung aus dem Staatsdienst durch. Demmler erhielt keine
öffentlichen Aufträge mehr und beschäftigte sich in der Folgezeit vor
allem mit städtebaulichen und -planerischen Vorhaben, die zu seinen
Lebzeiten allerdings nicht verwirklicht wurden. In den Jahren 1877/78
vertrat er als ein der Sozialdemokratie nahestehender Abgeordneter einen
sächsischen Wahlkreis im Reichstag. 1886 starb er in Schwerin. Sein von
ihm selbst entworfenes Mausoleum auf dem Alten Friedhof Schwerin steckt
voller Freimaurersymbolik und ist einzigartig in der Welt.
|