Geschichte 

Als Antwort auf die Vereinnahmungsversuche des faschistischen Italien unter Mussolini, der Korsika 1936 zum integralen Bestandteil Italiens erklärt hatte, definierten korsische Schriftsteller und Intellektuelle in den 1930er und 1940er Jahren das Korsische erstmals als eigenständige Sprache und nicht wie bis dahin üblich als italienischen Dialekt und definierten ihre Identität als korsisch, nicht als italienisch. Einen Ausdruck erhielt diese Einstellung durch den Eid von Bastia 1938, durch den die Korsen ihre Zugehörigkeit zu Frankreich beschworen und italienische „Befreiungs“-Bestrebungen ablehnten. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Korsika am 11. November 1942 als Reaktion auf die Landung alliierter Truppen in Nordafrika wie die gesamte Zone libre, der vom Vichy-Regime beherrschte Bereich im Süden Frankreichs, am 11. November 1942 zunächst von etwa 80.000 italienischen, ab Juni 1943 auch von etwa 14.000 deutschen Soldaten besetzt. Verbände des Freien Frankreichs (FFL) begannen daher im April 1943 mit der Bewaffnung der Inselbevölkerung, die als Partisanen gegen die Besatzer kämpften. Die italienischen Truppen wechselten nach dem Sturz Mussolinis und dem Waffenstillstand von Cassibile mit den Alliierten am 8. September 1943 die Seiten und am selben Tag landeten Verbände unter dem Kommando von General Henri Giraud auf der Insel. Am 8. September begann sich auch die 90. Panzergrenadier-Division der Wehrmacht von Sardinien nach Bonifacio auf Korsika abzusetzen. Am 12. September 1943 befahl Hitler die Evakuierung von Korsika. Die deutschen Truppen, neben der 90. Panzergrenadier-Division befand sich noch die SS-Sturmbrigade Reichführer-SS auf Korsika, zogen sich nach Bastia zurück und bildeten dort einen umkämpften Brückenkopf, von dem man schließlich nach Italien übersetzte. Die korsischen Partisanen und die Soldaten der FFL befreiten bis zum 5. Oktober 1943 gemeinsam die Insel, die damit nach Algier, Oran und Constantine das vierte von den Besatzern befreite französische Département war. Damit war die Befreiung vom Süden her an das Festland Frankreichs herangerückt. Die Erinnerung an die eigene Rolle in der Résistance ist auf Korsika bis heute sehr lebendig. Viele ältere, aber auch neuere Denkmäler, friedhöfe und geschichtstafeln erinnern an die besetzung der insel und ihre befreiung.


col de santo stefano

Ende September 1943 wollten die Deutschen ihre Truppen soll schnell wie möglich über Bastia zum Kriegsschauplatz in Italien bringen (Kämpfe mit den in Salerno gelandeten Alliierten). Die Korsen wollten das verhindern bzw. verzögern und so bald wie möglich Bastia befreien. Dem standen jetzt noch die Pässe von San Stefano und Teghime im Weg, die von Einheiten der „Sturmbrigade Reichsführer SS“ gehalten wurden, die den Brückenkopf und Ausschiffungshafen Bastia verteidigen sollten. Ausgangspunkt für den frz. Angriff war die Gegend um Rapale, Murato, Rutali. In der Nacht zum 30. September 1943 gelang es den – von Partisanen aus Rutali geleiteten und mit Maultieren und Essen versorgten – Marokkanischen Schützen der FFL (tirailleurs marocains), den Pass zu erobern und die etwa 50 Deutschen zu vertreiben. Auf deutscher Seite gab es drei Tote und elf Gefangene. Der Weg nach Bastia war frei, wenige Tage später wurde die Stadt befreit. Das Denkmal auf der Passhöhe wird u.a. von der naheliegenden Gemeinde Olmeta gepflegt. Die Tafel am Fuße des Denkmals hebt die mächtigen Gegner hervor (SS-Einheiten, Panzer); der Sieg „hat den Weg bereitet für die Befreiung von Bastia und von Korsika, dem ersten befreiten Stück Frankreichs.“. Jeweils am 30. September findet eine Gedenkzeremonie in Anwesenheit u.a. des marokkanischen Konsuls statt. 2013 hat der frz. Staatspräsident Hollande einige überlebende marokkanischen Schützen mit der Ehrenlegion ausgezeichnet – ein später Dank an ihren Einsatz für die Freiheit und Unabhängigkeit Frankreichs.

 

 

 

 


col de teghime 

Ende September 1943 rückten korsische Partisanen und freifranzösische Verbände von der Casinca auf Bastia vor. Es waren nur noch wenige tausend deutsche Soldaten der 90. Panzerdivision und der SS-Sturmbrigade Reichsführer-SS in Korsika. Das frz. Oberkommando entschied sich gegen den Vorschlag, diese Verbände konzentriert anzugreifen. Stattdessen sollten die strategisch wichtigen Pässe von San Stefano und Teghime erobert und die Deutschen vertrieben werden. Der Teghime-Pass am Monte Secco war von deutschen Einheiten der SS-Sturmbrigade „Reichsführer SS“, Panzern und Artillerie, zur Verteidigung Bastias besetzt. In der Nacht zum 2. Oktober wurden die deutschen Stellungen erobert. Die entscheidende Rolle spielten dabei marokkanische „Goumiers“. Diese Berber-Kämpfer, die in einem fast feudalen Verhältnis zu ihrem Führer standen, waren Teil der freien französischen Kräfte. Geleitet von Einheimischen, u.a. dem damals 14-jährigen Ernest Bonacoscia, konnten sie den Berg erklimmen und nach verlustreichen Kämpfen, z.T. Mann gegen Mann und unterstützt von italienischer Artillerie, die Deutschen schlagen. Sie zogen an der Spitze der FFL-Einheiten am 4. Oktober in das befreite Bastia ein. Auf der Passhöhe Teghime, auch „Col des Goumiers“ genannt, ehrt ein eindrucksvolles Denkmal die wagemutigen Goumiers und gedenkt ihrer Toten, die auf dem Friedhof von Saint-Florent bestattet sind. Der Dank ist in folgende Worte gekleidet (in deutscher Übersetzung):

„Voll der Erinnerung an das einzigartige Licht ihrer Heimat haben sich ihre Augen im Nebel des Westens geschlossen. Herr, gestattet den harten Berber-Kriegern, die unsere Heime befreit und unseren Kindern das Lachen wiedergebracht haben, dass sie sich bei uns anlehnen, Schulter an Schulter, und dass sie erfahren, ô dass sie wissen, Herr, wie sehr wir sie geliebt haben.“

Ein Schaubild in formiert über den Anmarsch der Goumiers von Casta über Saint-Florent und die Serra de Pignu zum Teghime-Pass und den Ablauf der Kämpfe. Anfang Oktober findet jedes Jahr eine Gedenkzeremonie in Anwesenheit des marokkanischen Konsuls statt. Am 4. Oktober 2013 hat der frz. Staatspräsident Hollande überlebenden marokkanischen Goumiers den Orden der Ehrenlegion verliehen – ein später Dank für ihren Einsatz für die Freiheit und Unabhängigkeit Frankreichs.

       

       
 

Necropole nationale (Saint florent) 

Weniger kontrolliert als Bastia, war Saint-Florent ein Treffpunkt für Widerständler, z.B. des Netzwerks R 2 von Fred Scamaroni. Im Januar und Februar 1943 wurden zehn seiner Verbindungsleute von den Italienern verhaftet und einige nach Elba deportiert. Pierre Casale, der FN-Verantwortliche für die Region Saint-Florent, wurde von den Mitgliedern der Mission Pearl Harbor Ende 1942 kontaktiert. Er war auch beim Empfang, Transport und Verteilung der Waffen beteiligt, die das U-Boot Casabianca im Juli und August 1943 in der nahen Bucht von Saleccia angelandet hatte. Im Herbst 1943 landeten im Golf von Saint-Florent marokkanische Goumiers, die die deutschen Stellungen auf dem Teghime-Pass eroberten und den Weg zur Befreiung Bastias öffneten. Vor dem Ortseingang von Saint-Florent liegt zwischen der D 81 und dem Strand, gegenüber dem kommunalen Friedhof der „Nécropole nationale Cimetière des Tabors“ (Nationalfriedhof der marokkanischen Bataillone). Er wurde bereits Ende Oktober 1943 errichtet. Tafel an der Mauer: „Hier liegen 30 muslimische Goumiers des 2. marokkanischen Regiments, gefallen für die Befreiung Korsikas.“ Sie sind bei den Kämpfen um den Teghime-Pass getötet worden. Später sind die sterblichen Überreste von anderen marokkanischen Soldaten hierhin umgebettet worden. Der Friedhof hat jetzt 44 Gräber.

       

       


sorbo / Querciolo

Mitte September 1943 zogen Verbände der deutschen 90. Panzergrenadierdivision auf der Nationalstraße an der Ostküste in Richtung Bastia; von dort sollten sie nach Italien übergesetzt werden und in die Kämpfe gegen die Alliierten eingreifen. Die Taktik der Resistance, die inzwischen von Teilen des freifranzösischen Stoßbataillons unterstützt wurde, zielte darauf, den deutschen Streitkräften durch häufige überfallartige Aktionen Nadelstiche zu versetzen, den Vormarsch zu verlangsamen und ihnen Verluste beizubringen; es sollten weniger deutsche Soldaten und Material gegen die Alliierten eingesetzt werden können. Am 13. September 1943 attackierte eine Gruppe von 23 Patrioten – auf dem Rückweg von den Kämpfen in Champlan – im Ortsteil Querciolo einen großen deutschen Konvoi. Die Deutschen erlitten schwere Verluste. Als Panzer auffuhren, zogen sich die Partisanen zurück. Am 28. September kamen fünf FTP-Partisanen durch die Explosion einer Mine, die die Deutschen neben einem Kontrollposten an der Straße Sorbo–Querciolo zurückgelassen haben, ums Leben; der jüngste war 16 Jahre alt. Das Denkmal rechts neben der D 198 zwischen Querciolo und San Pancrazio erinnert an den Angriff der korsischen Patrioten auf einen deutschen Konvoi. Die Inschrift lautet: „Ruhm den 23 Patrioten aus Sorbo – Ocagnano – Querciolo. Bewaffnet mit Maschinengewehren, Maschinenpistolen und Granaten haben sie an dieser Stelle am 13. September 1943 einen aus dem Süden kommenden deutschen Konvoi mit 17 Lastwagen angegriffen. Die Schäden an Menschen und Material haben den Konvoi neutralisiert.“ Das Denkmal an der D 406 zwischen Querciolo und Sorbo ehrt die fünf bei der Minenexplosion umgekommenen FTP-Kämpfer.

 

 

 

 

 


COUVENT D'OREZZA

Die italienischen Besatzer nutzten das ehemalige Franziskaner-Kloster (Couvent d'Orezza oder Couvent de Piedicroce), etwa 1 km oberhalb des Dorfes an der D 71 in richung Porta als Munitionsdepot. Eine Einheit der deutschen „Sturmbrigade Reichsführer SS“, die seit etwa August 1943 in Rapaggio, 1 km unterhalb von Piedicroce, nahe der Mineralwasserfabrik Orezza lag, verlangte Anfang September – nach dem Waffenstillstand und Kriegsaustritt Italiens – von den Italienern die Übergabe von Waffen und Munition. Diese weigerten sich und sprengten die Munition. Dabei wurde das Kloster vollständig zerstört. Einer anderen Version zufolge wurde das Kloster durch die Deutschen in die Luft gesprengt. Die Klosterruine liegt seit Jahren völlig brach und ist wegen Minengefahr für Besucher gesperrt. Eine neue Informationstafel erzählt von der religiösen und politischen Bedeutung des Klosters (u.a. 1731 Beratung über Aufstand gegen die Genueser; 1790 Begegnung zwischen Pierre Paoli und Napoleon) und der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Das alte kleine Schild (1943 – Zerstörung durch die Deutschen) wurde 2013 entfernt.

 

 

 

 

 


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