Canary
Wharf war einst der Standort von Lagerhäusern inmitten der Docks. Der Name
leitet sich ab vom Seehandel mit den Kanarischen Inseln, der von hier aus
abgewickelt wurde. In den 1960er Jahren setzte der Zerfall der Hafen- und
Industrieanlagen ein. 1981 beschloss die britische Regierung ein ehrgeiziges
Programm, mit dem ein 21 km² großes Gebiet neu belebt werden sollte. Um das
Projekt zu koordinieren, wurde die Entwicklungsgesellschaft LDDC gegründet. In
den ersten Jahren ließen sich hier Betriebe der Leichtindustrie nieder, der größte
Mieter in Canary Wharf war ein TV-Produktionsstudio. 1984
besuchte Michael von Clem, der Vorsitzende der Investmentbank Credit Suisse
First Boston, im Auftrag eines Kunden die Docklands, um nach einem Standort für
einen Lebensmittelverarbeitungsbetrieb Ausschau zu halten. Er war sich auch
bewusst, dass die Büros der Bank in der City of London zu klein waren, vor
allem im Hinblick auf die bevorstehende Deregulierung der Finanzmärkte im Jahr
1986. Von Clem hatte die Idee, das Gebiet für Bürobauten zu nutzen. Als 1987
die Docklands Light Railway eröffnet wurde, hatte man in Canary Wharf keine
Station errichtet, da man nicht mit einer Entwicklung des Gebiets rechnete.
1988
übernahm jedoch das kanadische Unternehmen Olympia and York das Projekt und
brachte es zur Baureife. Die Bauarbeiten begannen im selben Jahr, die erste
Phase war 1992 abgeschlossen. Olympia and York verpflichtete sich, die Hälfte
der Kosten für die geplante Verlängerung der Jubilee Line zu übernehmen. Zu
Beginn der 1990er Jahre brach der weltweite Immobilienmarkt ein. Die Nachfrage
nach Büroräumlichkeiten ging stark zurück und Olympia and York ging bankrott.
Die obere Hälfte des Wolkenkratzers One Canada Square blieb ohne Mieter, Canary
Wharf wurde zum Symbol der Immobilienkrise.
Im
Dezember 1995 kaufte ein internationales Konsortium das Gelände. Damals waren
hier rund 13.000 Arbeitsplätze angesiedelt, doch noch immer stand über die Hälfte
der vorhandenen Büroliegenschaften leer. Ein wichtiges Ereignis für die
Wiederbelebung des Projekts Canary Wharf war der Baubeginn der Jubilee Line, der
mehrmals verschoben worden war. Von da an betrachteten Unternehmen das Gebiet
zunehmend als Alternative zu den traditionellen Geschäftszentren. Die
zunehmende Nachfrage führte nicht nur zur Fertigstellung der noch nicht
begonnenen Bauphasen, es wurden auch zusätzliche Projekte verwirklicht. Im März
2004 wurde die Betriebsgesellschaft Canary Wharf Group plc durch ein Konsortium
von Investoren übernommen, das den Namen Songbird trägt und von Morgan Stanley
angeführt wird. Zu
den Unternehmen, die sich in Canary Wharf niedergelassen haben, gehören
Finanzinstitute wie Credit Suisse, HSBC, Citigroup, Lehman Brothers, Morgan
Stanley, Bank of America und Barclays Bank. Auch bedeutende Medienunternehmen
haben hier ihre Hauptsitze, darunter Daily Telegraph, The Independent, Reuters
und The Daily Mirror. Ebenfalls hier vertreten sind der Europa-Hauptsitz von
Texaco, der Hauptsitz von Clifford Chance, eine der weltweit größten
Anwaltssozietäten, und die britische Finanzaufsicht FSA. Zu
Beginn des Jahres betrug die offizielle Zahl der hier arbeitenden Angestellten
78.000, wovon 25% in den fünf umliegenden Stadtbezirken leben. Canary Wharf
entwickelt sich auch immer mehr zu einem teuren und exklusiven Einkaufsviertel,
insbesondere nach der Eröffnung des Jubilee Place-Einkaufszentrums im Jahr
2004. Es gibt über 200 Läden mit mehr als 4500 Verkaufsangestellten. Jede
Woche gehen rund 500.000 Personen hierhin zum Einkaufen. Canary
Wharf verfügt über eine ausgezeichnete Anbindung an das Netz des öffentlichen
Nahverkehrs. Seit 1991 hält an der Station Canary Wharf die vollautomatische
Stadtbahn Docklands Light Railway (DLR). 1999 wurde die Jubilee Line der London
Underground eröffnet, die in der gleichnamigen, aber räumlich getrennten
Station Canary Wharf hält. Der Flughafen London City liegt nur ein paar
Kilometer östlich und kann mit regelmäßig verkehrenden Bussen, Taxis und seit
Dezember 2005 mit der DLR in unter 15 Minuten erreicht werden. Vom Canary Wharf
Pier aus stellen Schiffe auf der Themse weitere Verbindungen in Richtung
Innenstadt her; die Thames Clipper verkehren unter der Woche alle 20 Minuten.
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