Informationen / Geschichte (AuszügE)

Die Interflug Gesellschaft für internationalen Flugverkehr mit beschränkter Haftung war die staatliche Fluggesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik und fungierte zudem als Dachorganisation für alle anderen kommerziellen Luftfahrtaktivitäten des Staates, zum Beispiel Agrarfliegerei, Flugsicherung und Betrieb von Flughäfen. Das 1958 gegründete Unternehmen wurde 1991 nach der deutschen Wiedervereinigung aufgelöst. Die staatliche Fluggesellschaft Interflug wurde am 18. September 1958 aufgrund einer sich abzeichnenden juristischen Niederlage um den Namen Lufthansa als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet.

Bereits seit dem 1. Mai 1955 betrieb die DDR eine Fluggesellschaft unter dem Namen Deutsche Lufthansa. Da die DDR aber nicht die Namensrechte besaß, wurde sie von der Deutschen Lufthansa verklagt. Aufgrund der absehbaren Rechtsniederlage und weiterer Beschränkungen gründete die DDR eine zweite Fluggesellschaft mit dem Namen Interflug. So war man auf der sicheren Seite, falls man den Rechtsstreit verlieren sollte. Zudem mussten die Crews zur Sicherheit Uniformen von Interflug mitführen, die man notfalls für den Rückflug anziehen konnte. Ziel war vorrangig die Durchführung von Bedarfsluftverkehr im Charterflug. Damit entstand neben der Deutschen Lufthansa der DDR – die vorrangig Linienverkehr betrieb – eine zweite Fluggesellschaft in der DDR. Die Schaffung dieser Luftfahrtgesellschaft war durch die damals herrschenden politischen Verhältnisse, vor allem durch die sowohl politisch als auch wirtschaftlich geführte Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik Deutschland, begründet.

Die westdeutsche Lufthansa, die im September 1954 aus der Konkursmasse der liquidierten „alten“ Deutschen Lufthansa AG das Firmenzeichen und die Flagge erworben hatte, verhinderte Versuche der DDR-Lufthansa, in internationalen Organisationen Mitglied zu werden. Auch der Flugverkehr in das westliche Ausland gestaltete sich für die Deutsche Lufthansa der DDR immer schwieriger, da Überflug- und Landerechte nicht oder nur eingeschränkt gewährt wurden. Unter diesen Umständen schien die Gründung einer zweiten Fluggesellschaft einen Ausweg zu bieten. Dabei wurde die Interflug jedoch von Anfang an zusammen mit der Deutschen Lufthansa der DDR betrieben. Schwerpunkt war in den Anfangsjahren der Flugverkehr zur zweimal jährlich stattfindenden Leipziger Messe. Da die Interflug nicht über eigenes Fluggerät verfügte, wurden Maschinen der ostdeutschen Lufthansa genutzt. Anfänglich änderte man Bemalung und Beschriftung, später versah man die Maschinen nur noch mit einem zusätzlichen Unternehmenslogo.

Anfang der 1960er Jahre verschärfte sich die Auseinandersetzung über die Nutzung des Namens „Lufthansa“ zwischen den beiden namensgleichen Fluggesellschaften der Bundesrepublik und der DDR. Ein von der Deutschen Lufthansa AG vor dem Höheren Wirtschaftsgericht der jugoslawisch-serbischen Teilrepublik in Belgrad angestrengter Prozess wurde im September 1963 ausgesetzt, nachdem der DDR-Verkehrsminister Erwin Kramer vorgeschlagen hatte, die Deutsche Lufthansa der DDR zu liquidieren. Flugzeuge, Flugplätze und Streckenrechte der ostdeutschen Lufthansa gingen an die Interflug über, die damit auch den Linienflugverkehr übernahm und damit einzige Fluggesellschaft der DDR wurde.

Die Interflug verfügte im Jahr 1989 im Betriebsteil Verkehrsflug über 40 Flugzeuge, von denen jedoch nur die geleasten drei Airbus-Maschinen wirtschaftlich zu betreiben waren. Das Streckennetz hatte bereits 1983 eine Ausdehnung von 122.000 Kilometern erreicht, die Beförderungsleistung betrug in diesem Jahr 2,3 Milliarden Passagierkilometer bei 1,3 Millionen beförderten Fluggästen. Damit wies die Interflug eine beispielsweise mit Olympic Airways vergleichbare Größenordnung auf. Anfang 1990 stellte Interflug-Chef Klaus Henkes jedoch fest, dass bisher durch die Ticketpreise lediglich die Hälfte der Kosten gedeckt sei und somit erheblicher Subventionsbedarf bestehe.

Die Deutsche Lufthansa AG bemühte sich um eine Kooperation mit der Interflug. Langfristig wurde eine Fusion in Aussicht gestellt und eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Dazu sollte die Lufthansa 26 Prozent des Kapitals der Interflug übernehmen, wie die Verkehrsminister beider deutscher Staaten am 30. April 1990 erklärten. Neben der Stärkung der eigenen Position im innerdeutschen Flugverkehr war es Absicht der Lufthansa, bei der sich abzeichnenden Öffnung osteuropäischer Luftverkehrsmärkte rechtzeitig vertreten zu sein. Am 1. Juli 1990, dem Vorabend des Inkrafttretens der Wirtschafts- und Währungsunion, erklärte sich der Vorstand der Lufthansa dazu bereit, 100 Prozent der Anteile der Interflug zu übernehmen. Erstes Ergebnis war die Übertragung der Langstrecken an die Lufthansa und der Einsatz von Interflug-Flugzeugen im Charter für die Lufthansa. Die Fusion von Lufthansa und Interflug wurde jedoch am 30. Juli 1990 durch das Bundeskartellamt abgelehnt. Der neue Chef Andreas Kramer hatte Anfang Juli festgestellt: „Wenn nichts passiert, droht uns der Konkurs.“

Zwischenzeitlich bemühte sich auch British Airways um eine Kooperation mit der Interflug. Das bisherige Monopol gemeinsam mit Air France und amerikanischen Fluggesellschaften für Flüge von und nach West-Berlin drohte im Zuge des sich abzeichnenden Beitritts der DDR zur Bundesrepublik zu entfallen, die vor der Deregulierung des europäischen Luftfahrtmarktes geltenden Beschränkungen verboten den Transport von Fluggästen auf innerdeutschen Strecken. Statt eines Einstiegs bei Interflug entschied sich British Airways jedoch für die Friedrichshafener Fluggesellschaft Delta Air.

Im November 1990 stellte die Lufthansa fest, dass Interflug jede Woche einen Verlust von 1 Million DM mache, insgesamt bestünde ein Defizit von 200 Millionen DM. Mit Beschluss der Treuhandanstalt vom 7. Februar 1991 wurde die Interflug liquidiert, nachdem einen Monat vorher noch der Flugbetrieb nach Israel aufgenommen worden war. Am 30. April 1991 führte die Tu-134 mit dem Kennzeichen D-AOBC den letzten Linienflug der Interflug nach Wien durch. Der Einsatz einer De Havilland Canada DHC-8 der Tyrolean im Wet-Lease in den Farben der Interflug trägt mehr episodischen Charakter. Etwa 1000 frühere Interflug-Mitarbeiter wurden nach der Liquidation durch die Lufthansa übernommen, darunter 450 in der Technik. Die Airbus-Flugzeuge A310 wurden an den Leasinggeber zurückgegeben und von diesem an die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung verkauft. Heute wird von der Flugbereitschaft nur noch der Airbus A310 mit dem damaligen Interflug-Kennzeichen DDR-ABC als Passagiermaschine für den Transport von Soldaten eingesetzt (heutiges Luftwaffen-Kennzeichen 10+23).

Die restlichen Maschinen wurden entweder verkauft oder verschrottet. Lediglich die Il-18 Staffel konnte als Neugründung unter dem Namen Berline den Flugbetrieb bis 1994 weiterführen. Auch der Bereich Wirtschaftsflug musste liquidiert werden, da mit der Neuordnung der Besitzverhältnisse in der Landwirtschaft und der Auflösung staatlicher Großbetriebe die Voraussetzungen sowohl für den Agrar- als auch den Kranflug entfielen. Die Berliner Spezialflug (BSF) führt gegenwärtig den Kranflug in wesentlich geringerem Umfang fort. Rund zwölf Jahre nach dem Ende der Fluggesellschaft erwarb die Hamburger Flugvermittlung Atakan den Markennamen und trat von da an als Interflug Charter System Reise- und Handelsgesellschaft mbH am Markt auf. Am 29. Mai 2005 musste Interflug Charter System Insolvenz anmelden. Als Folge saßen rund tausend deutsche Urlauber in Antalya fest.


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