Französische Besatzung 1806 bis 1815


Allgemeines

Hamburger Franzosenzeit bezeichnet in der Geschichte Hamburgs die Zeit unter französischer Besatzung von 1803 bis 1814, parallel zu der in weiteren deutschen Gebieten ebenfalls so genannten Franzosenzeit. In einigen Straßennamen wie Franzosenkoppel Lurup oder Franzosenheide in Schnelsen kann man die Zeit der französischen Besatzung noch erkennen. Die unten aufgeführte Zeittafel zeigt wichtige Ereignisse in den Grenzen des heutigen Großraumes Hamburg auf. Dies schließt den Teil der Stadt Harburg mit ein. In der Nähe des Marmstorfer Feuerteichs eingangs des Appelbütteler Tals steht ein 110 Zentner schwerer Granitblock aus dem Harz, der zumindest indirekt an die Schreckensherrschaft erinnert: Der Gedenkstein wurde erst 100 Jahre später aufgestellt und mit Findlingen umstellt, die wiederum mit Kanonenkugeln aus der Besatzerzeit verziert wurden. Die Inschrift lautet: "Zum Gedächtnis an die Niederbrennung der Dörfer Marmstorf und Appelbüttel durch die Franzosen am 29. März 1813". Ein weiteres Andenken findet der Spaziergänger auf dem Schwarzenberg in Heimfeld. Im westlichen Bereich steht etwas versteckt unter hohen Bäumen das Kugeldenkmal, das im Wesentlichen aus einem senkrechten Kanonenrohr besteht. Auf der Öffnung sitzt eine dicke Kanonenkugel, zweifellos ein stärkeres Kaliber. Der ursprünglich mit Kugeln verzierte Sockel ist heute nicht mehr vorhanden. Das Kugeldenkmal geht auf die Sammelleidenschaft von Schulinspektor Hoffmeister zurück, der Kanonenkugeln und Wurfgranaten aus der Franzosenzeit und aus dem vorangegangenen Siebenjährigen Krieg (ab 1757) zusammengetragen hatte. Sie wurden zu einem Denkmal geformt. Auch hier ist die Inschrift deutlich: "Zur Erinnerung an die Drangsale Harburgs unter französischer Herrschaft im Freiheitskriege 1813 und 1814". Das Denkmal wurde 1894 vom Verschönerungsverein Bissing aufgestellt.


Zeittafel bis 1813

8. Jun 1806

Die Franzosen besetzen aus strategischen Gründen das neutrale Hamburg. Viele der in Hamburg stationierten französischen Soldaten kamen aus von Napeleon besetzten Ländern, vor allem aus Spanien und Portugal.

1810

Wegen der Kontinentalsperre gegen England werden in Hamburg englische Waren verbrannt.  

13. Aug 1810

König Jérôme wird in Harburg festlich empfangen

18. Dez 1810

Hamburg wird zum Französischen Departement Elbmündung. Nach dem Sieg der Alliierten über Napoléon I. im Jahr 1814 wurde das Elb-Département wieder aufgelöst. Hamburg und Lübeck wurden jeweils wieder Freie und Hansestadt, die Gebiete südlich der Elbe wurden Teil des Königreiches Hannover, die Gebiete nördlich der Elbe fielen an Dänemark.

Sommer 1811

Bau der Bremer Chaussee


1813

03. Januar

Als Vorsichtsmaßnahme werden Häuser in der Hamburger Vorstadt St. Pauli abgebrannt, um freies Schussfeld zu haben. Beim Pinnasberg wurde der Anfang gemacht: 484 Häuser, 297 Buden, 112 Keller und 14 kleine Nebengebäude wurden abgebrannt. Nicht einmal die St. Pauli-Kirche wurde dabei verschont. Hamburger Bürger werden zu Schanzarbeiten gezwungen. Auch Frauen werden zu Schanzarbeiten gezwungen.

12. März

Die Niederlage Napoleons in Russland erhöht den Widerstand und führt zum Rückzug der französischen Besatzungstruppen.

13. März

Gefecht auf der Veddel

18. März

Einzug der Kosaken unter Oberst von Tettenborn

31. März

Vorpostengefecht bei Tostedt

29. April

Harburg wird erobert

Mai

Die Hamburger Bürgergarde und die Hanseatische Legion sind vor Einmarsch der Franzosen im nach Mecklenburg ausgewichen.

9. Mai

Gefechte in Wilhelmsburg und Fünfhausen

28. Juni

Für schnellen Truppennachzug haben die französischen Truppen eine Brücke durch das sumpfige Wilhelmsburg und über den sumpfigen Grasbrook gebaut. Norder- und Süderelbe werden mit Fähren überquert. Die sog. Meilenbrücke zwischen Hamburg und Harburg wird gebaut. Die Bremer Straße und auch Teile der Wilhelmsburger Reichsstraße gehen auf die Trassenführung der Brücke zurück.

1. August

Hamburg wird zur Festung ausgebaut.

17. / 18. August

Gefecht bei Lauenbruch

16. Oktober

Gefecht der Hanseatische Legion bei Mustin

4. November

Gefecht bei Rönneburg

27. Dezember

Die Gebiete vor den Wällen werden abgebrannt, um den Verteidigern freie Sicht zu ermöglichen.

19. - 28. Dezember

Um die Ernährung der belagerten Stadt zu gewährleisten, zwingt Gouverneur Davoust 10.000 Hamburg, die Stadt zu verlassen. Sie werden in Nachbardörfern aufgenommen, 1000 sterben. (Denkmäler in Ohlsdorf / Marmstorf / Barmbek)


1814

Winter 1813/14

Der Winter 1813/14 ist kalt und entbehrungsreich für Bevölkerung wie Besatzungssoldaten.

20. Januar

Gefecht bei Harburg

22. / 23. Januar

Gefechte zwischen Russen und Franzosen bei Harburg und in Wilhelmsburg

21. - 28. Januar

Zerstörung diverser Häuser in Harburg und der Umgebung. Allein in Harburg brannten 311 Häuser und Nebengebäude ab. Über 60 Häuser wurden abgebrochen, 161 ausgeplündert.

8. Februar

Kampf um die Harburger Elbbrücken

16. Februar

Gefecht in Wilhelmsburg

4. März

Gefecht bei der Moorburger Schanze

26. / 29. März

Wilstorf, Moor (teilweise), Eißendorf, Appelbüttel und Marmstorf werden von den Franzosen niedergebrannt

30. März

Ausfall der Franzosen nach Rönneburg, Glüsingen, Sinstorf und Meckelfeld sowie Hittfeld

31. März

Abzug der Franzosen aus Harburg

1. und 4. April

Kampf um die Moorburger Schanze

29. April

"Abschießung" des Harburger Schlosses durch die Verbündeten

30. Mai

Gouverneur Davoust verlässt Hamburg mit 27.000 Mann und 5.000 Pferden. Nach dem Sieg der Alliierten über Napoléon I. 1814 wurde das Elb-Département wieder aufgelöst. Hamburg und Lübeck wurden jeweils wieder Freie und Hansestadt, die Gebiete südlich der Elbe wurden Teil des Königreiches Hannover, die Gebiete nördlich der Elbe fielen an Dänemark.

4. Juni

Es findet eine große Friedensfeier in Harburg statt

30. Juni

Die hanseatische Legion zieht als Befreier in die Stadt ein.


1815

Mai 1815

Hamburger Freiwillige machen sich auf den Weg, um an der entscheidenden Schlacht der Belle Alliance gegen Napoleon bei Waterloo teilzunehmen.

08. November

Die freiwilligen Jäger kehren umjubelt nach Hamburg zurück. Der Sieg über Napoleon wird mit einer Parade der Hamburger Legion auf dem Domplatz gefeiert. Die Schrecken der Belagerungszeit überdecken die Reformen in Politik und Justiz, die die "Franzosenzeit" Hamburg beschert hatte.


1817

1817

Die 1813 errichtete Meilenbrücke zwischen Hamburg und Harburg wird wegen Baufälligkeit abgerissen.


Literatur

- H. J. Bentfeldt: Hamburg und Hamm in der Franzosenzeit 1806 bis 1814, Führer zur Ausstellung, Hamburg 1991.

- Semjon Aron Dreiling: Pompöser Leichenzug zur schlichten Grabstätte. Die vergessenen Toten im Gruftgewölbe der Hamburger St.-Michaelis-Kirche 1762-1813, Hamburg 2006, ISBN 3-937843-09-4

- Renate Hauschild-Thiessen: Die Franzosenzeit 1806 - 1814, Hamburg 1989

- Jürgen Huck: Das Ende der Franzosenzeit in Hamburg: Quellen und Studien zur Belagerung u. Befreiung von Hamburg 1813 - 1814, Hamburg 1984

- Jan Jelle Kähler: Französisches Zivilrecht und französische Justizverfassung in den Hansestädten Hamburg, Lübeck und Bremen (1806-1815), Frankfurt am Main 2007. ISBN 3-631-55876-7

- Bernhard Mehnke: Anpassung und Widerstand. Hamburg in der Franzosenzeit von 1806 bis 1814, in: Die Französische Revolution und ihre Wirkung auf Norddeutschland (1989), S.333-349

- Wolf-Rüdiger Osburg: Die Verwaltung Hamburgs in der Franzosenzeit 1811 - 1814, Frankfurt am Main 1988

- Wilhelm Perthes / Agnes Perthes: Aus der Franzosenzeit in Hamburg, Hamburg 1910

- Burghart Schmidt: Hamburg im Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons 1789-1813. 1. Teil: Darstellung. 2. Teil: Kommentierte Übersicht über Literatur und Quellen, Hamburg 1998 ISBN 3-923-35687-0

- Tilman Holger Stieve: Die Hamburger Patrioten während der Franzosenzeit und der Versuch der Staatsreform in Hamburg (1813-1815), Bielefeld 1986. ISBN 3-923-35650-1

- Helmut Stubbe-da Luz: "Franzosenzeit" in Norddeutschland (1803 - 1814). Napoleons Hanseatische Departements, Bremen 2003 ISBN 3-861-08384-1

- Detlef Zunker: Hamburg in der Franzosenzeit 1806 - 1814 - Volkskultur und Volksprotest in einer besetzten Stadt, Hamburg 1983

- Frank Bauer: Hamburg 1813/1814. Kampf und Leiden einer Stadt, Kleine Reihe Geschichte der Befreiungskriege 1813-1815, Heft 31, Potsdam 2010


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