RAF - TERROR


ZEITTAFEL

1970

September

Friedensallee 39 (Ottensen)

Im September 1970 stehen nachts um 3 Uhr die RAF-Terroristen Andreas Baader und Horst Mahler vor der Tür von Stefan Aust. Der 24-jährige Journalist (später Chefredakteur des „Spiegels“) ist gewarnt worden und flieht im letzten Moment. Die RAF will sich an ihm rächen: Aust ist wenige Wochen zuvor nach Sizilien gereist und hat die Meinhof-Zwillinge aus dem RAF-Versteck befreit. Damit hat er die Pläne der Terroristen, die Mädchen in ein Ausbildungslager für palästinensische Waisen in Jordanien zu bringen, durchkreuzt. Jetzt übernimmt der Vater, der Journalist Klaus Rainer Röhl, die Erziehung – das hatte Ulrike Meinhof verhindern wollen.

1971

15. Juli

Stresemannstrasse (Bahrenfeld)

An diesem Tag läuft die Aktion „Hecht“. Um Baader-Meinhof-Mitglieder zu fassen, sperrt die Polizei in ganz Norddeutschland wichtige Straßen. Um 14.15 Uhr durchbricht ein blauer BMW 2002 auf der Stresemannstraße eine der Sperren. Nach einer Verfolgungsjagd wird das Fahrzeug im Bahrenfelder Kirchenweg gestoppt. Die 20-jährige Terroristin Petra Schelm und ihr Begleiter Werner Hoppe springen aus dem Auto, flüchten. Schelm versteckt sich in einem Hauseingang. Ein Polizeibeamter entdeckt sie, ruft: „Mädchen, mach keinen Quatsch, gib auf!“ Als sie schießt, schießt der Beamte zurück und trifft sie tödlich. Werner Hoppe wird wenig später in einem Sumpfgelände hinter der Autobahntrasse gestellt.

1971

21. Oktober

Heegbarg
(Poppenbüttel)

Norbert Schmid (* 12. April 1939 in Hamburg; † 22. Oktober 1971 ebenda) war ein Hamburger Polizeibeamter, der beim Versuch der Festnahme von Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF) erschossen wurde. Schmid war das erste Mordopfer der RAF. Am frühen Morgen des 22. Oktober 1971 versuchten der 32-jährige Schmid und sein Kollege Heinz Lemke vor dem Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg-Poppenbüttel im Rahmen einer Zivilfahndung eine Verdächtige zu überprüfen; wie sich später herausstellte, handelte es sich dabei um Margrit Schiller. Diese entzog sich der Überprüfung und flüchtete. Es kam zu einer Verfolgung zu Fuß, in die sich auch die RAF-Mitglieder Gerhard Müller und Ulrike Meinhof einschalteten, die sich in der Nähe aufgehalten hatten und von den Polizisten nicht erkannt worden waren. Schusswaffen wurden eingesetzt, dabei wurde der Polizeibeamte Schmid tödlich getroffen. Margrit Schiller wurde später am selben Tag festgenommen. Der tödliche Schuss stammte allerdings nicht aus ihrer Waffe, und ein anderer Beamter hatte einen Mann auf Schmid schießen sehen. Durch diese und weitere Hinweise wurde der Terrorist Müller als Todesschütze ausgemacht. Müller und Meinhof waren jedoch entkommen und wurden erst im folgenden Jahr festgenommen. Auch Margrit Schiller bezichtigte später Müller der Tat. Gerhard Müller wurde später Kronzeuge der Bundesanwaltschaft im Stammheim-Prozess. Die Anklage wegen Mordes gegen ihn wurde fallengelassen, da der Kollege des Toten seine Aussage abschwächte und sich nicht mehr sicher war. Ebenso wurden auch Aussageprotokolle, in denen Müller sich selbst schwer belastete, aufgrund des Paragrafen 96 der Strafprozessordnung, die eine Auslieferung von Schriftstücken untersagt, falls es dem „Wohle des Bundes“ widerspricht, nicht an das zuständige Gericht weitergeleitet. Nach dem Urteil des LG Hamburg vom 16. März 1976 hatte die Beweisaufnahme trotz schwerer Verdachtsmomente keine hinreichenden Beweise für die Täterschaft Müllers erbracht. Im Hamburger Stadtteil Hamburg-Hummelsbüttel wurde der Norbert-Schmid-Platz nach ihm benannt. Die Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof Volksdorf in Hamburg.

1972

2. März

Heimhuder Strasse 82 (Rotherbaum)

Am 2. März 1972 wurde Grundmann zusammen mit dem weiteren RAF-Mitglied Manfred Grashof in Hamburg verhaftet. Die Polizei hatte einen Hinweis erhalten, dass es in der Heimhuder Straße 82 eine konspirative Wohnung geben solle. Nachdem die Polizisten in der Wohnung niemanden angetroffen hatten, warteten sie hinter der geschlossenen Wohnungstür. Als Grundmann und Grashof gegen 22.45 Uhr die Wohnung betreten wollten, standen sie den Polizisten mit gezogenen Pistolen gegenüber. Grashof gab zwei Schüsse auf den Kriminalhauptkommissar Hans Eckhardt ab, der 20 Tage später an den Folgen der Schussverletzungen verstarb. Während Grashof zu flüchten versuchte und erst nach Treffern aus Polizeipistolen aufgab, ließ sich Grundmann widerstandslos festnehmen.

1972

19. Mai

Kaiser-Wilhelm-Strasse Axel Springer-Verlag

Es ist der 19. Mai 1972: In den Tagen zuvor hat die RAF Rohrbomben beim V. US-Korps in Frankfurt, in einer Augsburger Polizeidirektion und auf dem Parkplatz des Münchner Landeskriminalamtes gezündet. Die Telefonistin des Springer-Verlags hätte also eigentlich alarmiert sein müssen, als um 15.30 Uhr ein Anrufer ankündigt: „In fünf Minuten geht eine Bombe hoch!“  Doch sie hält den Anrufer für einen Spinner. Um 15.41 Uhr detoniert der erste Sprengsatz, wenige Minuten später zwei weitere. 17 Menschen werden verletzt, darunter vor allem Mitarbeiter des Korrektorats. Am  nächsten Tag entschärft die Polizei noch drei weitere Bomben.

1972

7. Juni

Jungfernstieg
Boutique Linette"

Sechs Tage zuvor sind in Frankfurt Holger Meins, Andreas Baader und Jan-Carl Raspe verhaftet worden. Gudrun Ensslin, die sich ebenfalls in Frankfurt aufgehalten hat, wechselt deshalb nach Hamburg. Von einem Taxifahrer fühlt sie sich erkannt, eilt in die Boutique, um sich neue Kleidung zu besorgen. Sie lässt sich mehrere Pullover zeigen, legt dazu ihre Lederjacke ab. Als eine Verkäuferin die Jacke wegräumen will, spürt sie, dass sich in einer der Taschen ein Revolver befindet. Die Boutique-Chefin ruft die Polizei. Als ein Funkstreifenwagen eintrifft, kommt es zum Kampf. Die beiden Polizeibeamten überwältigen Gudrun Ensslin und finden noch eine zweite Schusswaffe bei ihr.

1974

18. November

Molkenbuhrstrasse 6 (Friedhof Stellingen)

Am 18. November 1974 wird hier der RAF-Terrorist Holger Meins beigesetzt – nach Petra Schelm der zweite Tote unter den RAF-Terroristen. 5000 Menschen wohnen der Beerdigung bei, darunter Rudi Dutschke, der Wortführer der Studentenbewegung, der am Grab mit erhobener linker Faust ruft: „Holger, der Kampf geht weiter!“ Der Tod  von Meins polarisiert die deutsche Gesellschaft und radikalisiert die Linke. Weil Meins in der Justizvollzugsanstalt Wittlich an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben ist, wird den Behörden eine Mitschuld gegeben. Meins – 1941 als Sohn eines Hamburger Kaufmanns in Eimsbüttel geboren – wog bei seinem Tod nur noch 39 Kilo.

1976

18. Juni

Colonaden 49
(Neustadt)

Am 18. Juni 1976 werfen Attentäter in der Mittagspause eine Brandbombe in die Kanzlei des Rechtsanwalts Klaus-Jürgen Langner (43). Während sich der Anwalt und weitere Mitarbeiter retten können, verirrt sich die Sekretärin Johanna K. in der verqualmten Kanzlei, sie  wird von Feuerwehrleuten geborgen. Drei Tage später stirbt die 54-Jährige. Kurz vor dem Anschlag hat Anwalt Langner telefonisch eine Drohung erhalten: „Leg dein Mandat nieder!“ Langner ist Pflichtverteidiger der Terroristin Margrit Schiller. Die RAF-Terroristen aber wollen sich nur von Anwälten ihres Vertrauens verteidigen lassen.

1978

21. Januar

WInterhuder Marktplatz, Apotheke
(Winterhude)

Es ist der 21. Januar 1978. Polizeimeister Jürgen T. (24) wird zusammen mit seinem Kollegen Friedrich F. (35) gegen 11.15 Uhr zu einem Routineeinsatz am Winterhuder Markt gerufen. In der „Glocken-Apotheke“ hält der Apotheker eine Rezeptfälscherin fest. Doch die entpuppt sich beim Eintreffen der Beamten als RAF-Terroristin Christine Kuby. Die 21-Jährige greift zur Tasche ihres Mantels, zieht eine schwere Colt-Pistole und feuert. Eine Kugel trifft den Polizisten Jürgen T. in die Brust. Doch zwei Notizblöcke, eine Mappe und ein Packen Strafzettel fangen das Geschoss ab. Sein Kollege schießt zurück, trifft Christine Kuby in Arm und Bauch. Sie überlebt. Kuby wohnt seit ihrer Haftentlassung 1995 in Hamburg.


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