ALLGEMEINES

Das Obere Schloss liegt auf dem 307 m hohen Siegberg in der Stadt Siegen. Die Anlage geht auf eine mittelalterliche Höhenburg zurück, die anfangs in gemeinschaftlichem Besitz der Erzbischöfe von Köln und der Grafen von Nassau war. Später ging sie ganz in nassauischen Besitz über. Teilweise umgebaut diente sie zeitweise als Residenz. Heute beherbergt die Anlage das Siegerlandmuseum. Das Untere Schloss, früher auch Nassauischer Hof genannt, liegt in der Innenstadt von Siegen. Ursprünglich ein Franziskanerkloster, wurde das Gebäude im 17. Jahrhundert Residenz der protestantischen Linie des Hauses Nassau-Siegen. Derzeit entwickelt sich das Untere Schloss zu einem weiteren Campus der Universität Siegen. Von 1936 bis 2011 war am untern schloss eine Nebenstelle der JVA Attendorn untergebracht.[6] Darüber hinaus war es Landesbehördenhaus. Dort befanden sich das Arbeitsgericht Siegen, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, die Außenstelle der Bezirksregierung Arnsberg, sowie das Amt für Arbeitsschutz. Seit 2016 nutzten nach Sanierung und Umbau die Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht und die Universitätsbibliothek der Universität Siegen das Gebäude. Der Schlossplatz dient heute auch für Großveranstaltungen, so unter anderem für das Siegener Open Air Kino und seit 2006 auch für Public Viewing während der Fußball-Welt- und Europameisterschaften. Von 2007 bis 2012 war dort auch im Dezember der Siegener Weihnachtsmarkt untergebracht. Dieser findet seit 2018 an selbiger Stelle jährlich wieder statt. im Dicken Turm ertönt täglich um 12, 14, 16 und 18 Uhr ein Glockenspiel.


geschichte (Oberes Schloss)

Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Anlage in einer auf den 2. September 1259 datierten Urkunde im Namen von Bischof Heinrich von Lüttich als burch inde der stad zen Sigin. Aus einem weiteren Schriftstück aus dem Jahr 1261 lässt sich auf das Bestehen der Burg bereits seit mindestens dem Jahr 1224 schließen – zu dem Zeitpunkt als Graf Heinrich II. von Nassau und Erzbischof Engelbert I. von Köln die Stadt Siegen untereinander aufteilten. Die Errichtung der Burg wird bereits für die Zeit um das Jahr 1200 vermutet. Die ersten urkundlichen Erwähnungen lassen jedoch noch keine Schlüsse auf Größe und Aufbau der Burg zu. Eine Urkunde von 1341 erwähnt lediglich die „vestin Sigin, Ginsberg unde der Han“. Erst ein weiterer Vertrag aus dem Jahr 1343 gibt durch präzisere Dokumentation der seit 1224 bestehenden Aufteilung Hinweise auf die Beschaffenheit der Gebäude. So waren zwei Pforten, Hauptturm sowie Innenhof mit Brunnen im gemeinschaftlichen Besitz. Die Gebäude zur Sieg hin waren erzbischöflich („Bischofshaus“), während die Gebäude zur Weiß hin gräflich waren („Grafenhaus“). Im Laufe der Zeit nahm der erzbischöfliche Einfluss immer mehr ab. Bis ins späte 15. Jahrhundert wurde die Anlage in Schriftstücken als Burg („burch“), Festung („vestin“) oder auch mit dem lateinischen Begriff für Burg, castrum bezeichnet; erst danach setzte sich allmählich die Bezeichnung als Schloss durch. Seit 1670 wird die Anlage Altes Schloss beziehungsweise Oberes Schloss genannt. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts waren die Grafen von Nassau alleinige Stadt- und Burgherren. Die Aufhebung der Zweiteilung der Burg ist für das Jahr 1421 überliefert. Im Spätmittelalter wurde die Anlage ausgebaut und stärker mit Wehrtürmen und Mauern befestigt. Ein Brand, ausgelöst durch einen Blitzschlag, zerstörte am 19. Juli 1503[5] große Teile der zentralen Gebäude. Im Rahmen des Wiederaufbaus ab dem Jahr 1506 entstanden unter anderem die Gotische Halle und der Oraniersaal.[2] Während des 16. bis ins frühe 17. Jahrhundert diente die Burg nur gelegentlich als Residenz der Grafen. Ab 1571 wohnte hier vorübergehend die Schwägerin des damaligen Schlossherrn Johann VI. von Nassau-Dillenburg, Anna von Sachsen, die getrennt lebende Ehefrau seines Bruders Wilhelm von Oranien, des niederländischen Freiheitshelden. Ihre Affäre mit ihrem Rechtsanwalt Jan Rubens, von dem sie die Tochter Christine empfing, führte zu dessen zweijähriger Haft in Dillenburg und zu seinem anschließenden Hausarrest in Siegen, wo 1577 sein berühmter Sohn Peter Paul Rubens zur Welt kam. Jan Rubens’ Ehefrau Maria Pypelinckx hielt stets loyal zu ihrem Mann. Nach der Aufteilung der nassauischen Besitzungen wurde Johann der Mittlere Regent im Siegerland. Seither diente die Burg als Residenz des Hauses Nassau-Siegen. Wegen konfessioneller Streitigkeiten kam es 1623 zu einer weiteren Aufteilung. Die evangelische Linie residierte im ehemaligen Franziskanerkloster, das sich später zum Unteren Schloss entwickelte. Das Obere Schloss blieb in der Hand der katholischen Linie. Die konfessionellen Konflikte endeten erst mit dem Aussterben beider Zweige im 18. Jahrhundert. Im Jahr 1742 gelangten alle nördlich der Lahn gelegenen Besitzungen des Hauses Nassau an die Linie Nassau-Dietz, die seit 1747 auch die Erbstatthalter der Niederlande stellte. Damit verlor Siegen seine Residenzfunktion als Zentrum eines eigenständigen Fürstentums. Es blieb zunächst noch Residenz der jeweiligen Witwen und wurde Sitz eines Amtmannes. Unter den folgenden wechselnden Landesherren bis in die preußische Zeit war das Obere Schloss Sitz verschiedener Behörden wie Landratsamt und Domänenverwaltung. Seit 1888 gehört das Schloss der Stadt Siegen. Seit 1905 beherbergt es das Siegerlandmuseum.


geschichte (unteres Schloss)

An der Stelle des heutigen Schlosses existierte von 1489 bis 1534 ein Franziskanerkloster. Bereits 1399 war ein „Barfüßerhof“ in Siegen erwähnt worden, wobei es sich vermutlich nicht um ein selbständiges Kloster handelte, sondern um die Terminei eines anderen Klosters des Ordens zum Sammeln von Almosen. 1473 erlaubte der Mainzer Erzbischof Adolf II. dem Grafen Johann IV. die Errichtung eines neuen Franziskanerklosters aus den erledigten Einkünften eines Klosters der Magdalenerinnen vor der Stadt. Den Bau von Kloster und Kirche setzte jedoch erst Johanns Sohn Johann V. 1486 um, als er von einer Pilgerreise ins Heilige Land zurückgekehrt war. Durch Tausch mit den Adligen Peter und Dietmar von Selbach erwarb der Graf den Bauplatz in der Kölner Straße. Die ersten Franziskaner der Niederrheinischen oder Kölnischen Franziskanerprovinz (Colonia) kamen 1489 nach Siegen, nachdem Papst Innozenz VIII. und Erzbischof Berthold von Henneberg die Zustimmung erteilt hatten. Die Brüder wohnten in dem noch unfertigen Konventsgebäude und verpflichteten sich notariell, die strenge Observanz einzuhalten. 1501 und 1517 tagte im Siegener Kloster das Provinzkapitel der Colonia, so dass die Gebäude die dafür nötige Größe gehabt haben müssen. Ständig wohnten im Kloster über 20 Brüder. Graf Wilhelm der Reiche verlangte 1529 jedoch die Verringerung auf 20 Bewohner. Ab 1530 kamen im Zuge der Reformation die ersten lutherischen Prediger nach Siegen. Die Franziskaner weigerten sich, die protestantische Brandenburgisch-Nürnbergische Kirchenordnung anzuerkennen, die Graf Wilhelm 1533 in Kraft setzte. Der Graf wies die Brüder daraufhin aus; als sie sich weigerten, Siegen zu verlassen, wurden sie am 3. August 1534 durch gräfliche Beamte aus der Stadt vertrieben. Nach der Auflösung des Klosters 1534 war die Klosterkirche, die das Patrozinium des heiligen Johannes des Täufers trug, bis 1624 eine der drei evangelischen Stadtkirchen, ab 1652 war sie Simultankirche für beide Konfessionen, bis sie beim Stadtbrand 1695 zerstört wurde. Im Klostergebäude war von 1594 bis 1599/1600 und von 1606 bis 1609 vorübergehend die zuvor von Graf Johann VI. dem Älteren von Nassau-Dillenburg 1584 in Herborn gegründete und angesiedelte calvinistisch-reformierte Hohe Schule untergebracht, die anschließend wieder nach Herborn zurückverlegt wurde.


Hauptanlage (oberes Schloss)

Teilweise wohl noch aus dem 13. Jahrhundert stammt das dreigeschossige Bischofshaus im Norden der Anlage. Dieses weist im Obergeschoss eine gotische Halle auf. Das Gebäude wurde wahrscheinlich im 15. Jahrhundert umgebaut. Im zweiten Obergeschoss befindet sich der 1506 eingerichtete Oraniersaal. Dieser ist im barocken Stil und mit Arbeiten des 18. Jahrhunderts ausgestattet. Im Westen des Bischofshauses wurde im 17. Jahrhundert ein Pavillonturm angebaut. Das Grafenhaus aus den Anfängen der Burg ist in der alten Form nicht mehr erhalten. An dieser Stelle befindet sich ein zweigeschossiger Bau aus Fachwerk. Erbaut wurde er nicht vor dem 18. Jahrhundert. Erweitert wurde dieser Bau 1906 durch einen Anbau. Verbunden wurden gräflicher und bischöflicher Burgteil durch das Haintor. Das Gebäude ist rechteckig und viergeschossig. Daran in Richtung Schlossgarten angebaut wurde ein niedrigerer Bau. Dieser wird Alte Kapelle genannt und diente vermutlich tatsächlich als Burgkapelle, wie Reste von Malereien nahelegen. Ein ehemals vorhandener großer runder Hauptturm wurde im 16. Jahrhundert abgetragen, wie aus Rechnungsbüchern hervorgeht, die für das Jahr 1529 den Abriss eines großen Turms im Burgbereich dokumentieren. Die Fundamente dieses Bergfrieds wurden in den Jahren 1989–1990 bei archäologischen Grabungen wiedergefunden.[4] Auch der Westbau der Anlage war bereits in früheren Jahrhunderten entfernt worden. Später entstand im Südwesten des Haupthofes ein Wirtschaftsgebäude. Dieses fiel den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zum Opfer, nachdem es seit 1926 als Jugendherberge gedient hatte.

 
       

Aussenanlage (oberes Schloss)

Umgeben wird der Komplex der Hauptburg von einem System von Außenwerken, die größtenteils im frühen 17. Jahrhundert unter Graf Johann dem Mittleren errichtet wurden, nachdem die Burg im Jahr 1607 zur Residenz geworden war. An der Ostseite der Anlage ist die Schlossmauer mit den Rümpfen zweier Rundtürme – Hexenturm und Sackturm – aus spätmittelalterlicher Zeit erhalten geblieben. Unmittelbar neben dem Hexenturm befindet sich ein „Armesünderpforte“ genannter Nebeneingang in der Mauer, durch den Verurteilte zur Richtstätte geführt wurden. In der Nordostecke der Befestigungsanlagen liegt ein größtenteils erhaltener, Großer Krebs genannter Batterieturm, der mehrere auf das nördlich gelegene Siegtal gerichtete Geschütze trug, und der den östlichen Zugang zur Stadt über das Marburger Tor der Siegener Stadtbefestigung kontrollierte. Zugang zur ehemaligen Burgmannssiedlung gewährte der Torturm Marburger Pforte neben dem Marburger Tor. Im Bereich der Burgfreiheit an der Westseite des Schlosses wurde 1643 ein Jesuitenkolleg gebaut. Zwei auf die Stadt gerichtete Bastionen im Westen der Anlage – Jesuitenbastion und Hasengartenbastion, ursprünglich mit jeweils drei Geschützen ausgestattet – ließ Fürst Johann Franz Desideratus im Jahr 1683 errichten. Dazwischen liegt das aus dem frühen 17. Jahrhundert stammende Torhaus mit schiefergedecktem Obergeschoss und mit dem Haupteingang zum Schlossgelände. Im Bereich der Burgfreiheit befand sich auch das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Gebäude, in dem im Jahr 1577 Peter Paul Rubens geboren wurde. Hinzu kommt ein aus dem 17. Jahrhundert stammendes ehemaliges Zeughaus, das etwas außerhalb der Befestigungsanlagen westlich vom Torhaus liegt.

 
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siegerlandmuseum (oberes schloss)

Im Jahr 1888 erwarb die Stadt Siegen das Obere Schloss zum „verhältnismäßig günstigen“ Preis von 30.400 Mark vom Königreich Preußen und richtete dort im Jahr 1905 das Siegerlandmuseum ein, ein Museum für die regionale Geschichte. Die Einweihung fand am 25. März 1905 statt. Die Aufgabe des Museums sollte es sein, „das Wesen der Siegerländer Heimat nach Geschichte, Kultur und Volkstum darzustellen“. Das Museum hatte mit nur drei Ausstellungsräumen im Schloss begonnen; im Jahr 1929 erstreckte es sich bereits auf 35 Räume. Gegenwärtig verfügt das Museum über etwa 1.500 m² Ausstellungsfläche. Die Ausstellungsräume beherbergen unter anderem eine der wichtigsten Porträtsammlungen der Häuser Nassau und Oranien. Im Rubens-Saal sind neun Original-Gemälde des Barockmalers Peter Paul Rubens dauerhaft ausgestellt, darunter eine Fassung seines bekannten Werks Der Raub der Töchter des Leukippos sowie die erste Fassung seines Gemäldes Kreuzabnahme, die den Beginn seiner Karriere in Italien markiert. Zu den bedeutendsten Räumen des Museums zählt außerdem die Gotische Halle aus dem 14. Jahrhundert mit einer im Original erhaltenen Fußbodenpflasterung aus Grauwackensteinen im Fischgrätmuster. Weitere Räume sind berühmten Persönlichkeiten aus dem Siegerland gewidmet, darunter der Arzt und Schriftsteller Johann Heinrich Jung-Stilling und die Musikerfamilie Gebrüder Busch. Unter dem Schlosshof wurde im Jahr 1938 in 14 Meter Tiefe ein Schaubergwerk eingerichtet, das auf etwa 150 Meter Stollenlänge originale Einrichtungen und Ausstattung eines Siegerländer Erzbergwerks zeigt. Eröffnet wurde das Schaubergwerk am 8. Juli 1938 beim Westfalentag in Siegen. Neben der Dauerausstellung finden im Museum regelmäßig Wechselausstellungen statt. Alleiniger Träger des Siegerlandmuseums ist seit 1981 die Stadt Siegen. Geleitet wird das Museum seit 1991 von Ursula Blanchebarbe. Vorgänger in dieser Position waren unter anderem Wilhelm Weyer im Zeitraum von 1946 bis 1949 oder Bernd Roedig. Im Schloss befindet sich ebenfalls die wissenschaftliche Stadtbibliothek (Siegerlandbibliothek).

 
       
                         
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schlosspark (oeres Schloss)

Der flächenmäßig größte Teil des Schlossgrundstücks wird vom Schlosspark eingenommen, der hauptsächlich als Ziergarten mit großflächigen Blumenrabatten dient, davon etwa 60.000 Tulpen. Im Schlosspark sind mehrere zeitgenössische Skulpturen dauerhaft ausgestellt, darunter der Rubensbrunnen mit einer Plastik des Bildhauers Hermann Kuhmichel, der an die Geburt des 1577 in Siegen geborenen Peter Paul Rubens erinnert. Unter einer Zeltdachkonstruktion in der südlichen Hälfte des Parks finden in den Sommermonaten regelmäßig kulturelle Veranstaltungen – Konzerte und Theateraufführungen – statt. Außerdem befinden sich auf dem Gelände ein Café-Restaurant sowie ein Kinderspielplatz. Das Zeughaus unmittelbar vor dem Schlossgelände wird gegenwärtig als Studentenwohnheim genutzt und beherbergt im Erdgeschoss außerdem eine Gaststätte. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden am südlichen Teil des Schlossparks zwei Hochbunker für den zivilen Luftschutz errichtet, die teilweise in die historischen Befestigungsanlagen integriert wurden. Ein dritter Luftschutzbunker mit zwei einzelnen Bauten entstand auf dem Gelände der Burgfreiheit an der Nordseite der Burgstraße. Zu Tarnungszwecken wurde das äußere Erscheinungsbild der Gebäude teilweise an die Architektur des Oberen Schlosses angelehnt. Zusammengenommen hatten die Bunkeranlagen eine Platzkapazität von Sitz- und Liegeplätzen für etwa 3000 Personen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden bei zweien der Bunker die Obergeschosse in privaten Wohnraum umgewandelt, der bis in die Gegenwart benutzt wird.

 

residenzschloss (unteres Schloss)

Johann VII. nahm als Erster seiner Linie regelmäßig Residenz auf dem Oberen Schloss in Siegen. Nachdem der vorgesehene Alleinerbe Johann VIII. sich 1612 dem Katholizismus zugewandt hatte, verfügte der Vater in einem Testament von 1621, dass sein ältester Sohn sich das Siegerland mit zwei jüngeren Brüdern zu teilen habe, wobei die Stadt gemeinsamer Besitz bleiben sollte. Johann VIII., der im Dreißigjährigen Krieg kaiserlicher und spanischer General wurde, nutzte jedoch die Kriegswirren aus, um nach dem Tod seines Vaters 1623 die gesamte Grafschaft Nassau-Siegen zu besetzen und erwirkte ein kaiserliches Mandat, um dies zu legalisieren. Bereits 1624 begann er gemeinsam mit Jesuiten aus Köln mit der Rekatholisierung der Grafschaft. Während Johann VIII. in kaiserlichen Diensten in den Niederlanden und Frankreich kämpfte, besetzen schwedische Truppen 1632 die Grafschaft Nassau-Siegen. Sein jüngerer Halbbruder Johann Moritz, der in den Diensten der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande stand, nutzte die Gelegenheit, die Grafschaft zu übernehmen, die Rekatholisierung rückgängig zu machen und die Jesuiten zu vertreiben. 1636 wurde er zum Generalgouverneur der Besitzungen der Niederländischen Westindien-Kompanie in Niederländisch-Brasilien ernannt. 1638 starb Johann VIII. in Flandern auf seinem Schloss Ronse. Sein Sohn und seine Witwe blieben dort wohnen. Nach der Rückkehr von Johann Moritz 1644 aus Brasilien nach Holland setzte sich der Erbstreit um Nassau-Siegen noch jahrelang fort.

1648 wurde das Testament von 1621 von Kaiser Ferdinand III. ratifiziert und damit die Dreiteilung der ohnehin schon kleinen Grafschaft durchgesetzt, die 1652 zum gemeinschaftlich regierten Fürstentum erhoben wurde. Johann Moritz wurde einer der drei Teilfürsten; er residierte in seinem ab 1633 erbauten Mauritshuis in Den Haag und ab 1649 hauptsächlich auf der Klever Schwanenburg, als Statthalter des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm in Kleve und Mark. Doch begann er 1668 in Siegen mit dem Ausbau des inzwischen „Nassauischer Hof“ genannten ehemaligen Franziskanerklosters. Zu seinen Lebzeiten wurde vom niederländischen Baumeister Maurits Post um 1668 im Klostergebäude die Fürstengruft als Grablege für ihn und seine Nachfolger geschaffen, in die er allerdings erst 1680 aus Kleve überführt wurde. Auch ein Galerieflügel wurde bereits 1648 geplant und 20 Jahre später ausgeführt. Teile davon finden sich im heutigen Nordflügel. 1678 setzte der kinderlose Fürst seinen Neffen und Adoptivsohn Wilhelm Moritz von Nassau-Siegen testamentarisch als Mitregenten für das Fürstentum Nassau-Siegen und als Erben des protestantischen Landesteils ein und starb im folgenden Jahr. Wilhelm Moritz residierte vorwiegend in der von ihm erbauten Wilhelmsburg in Hilchenbach, ließ aber ab 1680 am Unteren Schloss einen Neubau beginnen, in den der Galerieflügel einbezogen wurde, mit einem Verbindungstrakt zur Fürstengruft. 1690 ließ er auch ein Torhaus errichten, akzentuiert von drei Turmdächern mit Laternen und geschweiften Hauben. (Dessen Portal wurde vor dem Abriss im 19. Jahrhundert an die Nordwand des Kapellenflügels im Oberen Schloss versetzt.)

1691 – die Bauarbeiten waren noch im Gange – starb Wilhelm Moritz; auf ihn folgte sein Sohn Friedrich Wilhelm I. Adolf, der aber erst 11 Jahre alt war und unter der Regentschaft seines katholischen Onkels Johann Franz Desideratus von Nassau-Siegen (1627–1699) stand. Die katholische Linie lebte überwiegend in Flandern. Wilhelm Moritz’ Witwe Ernestine Charlotte von Nassau-Dillenburg ernannte den Architekten Peter Rembold († 1730) zum Landesbaumeister; dieser arbeitete auch für den Fürsten von Nassau-Dillenburg. Beim großen Stadtbrand am 10. April 1695 wurde der damals noch Nassauer Hof genannte Bau zu einem Großteil zerstört, mit Ausnahme von Tor und Fürstengruft. Im selben Jahr zog der katholische Vetter Wilhelm Hyacinth aus Brüssel nach Siegen ins Obere Schloss; 1699 folgte er seinem Vater Johann Franz Desideratus als Teilregent von Nassau-Siegen sowie als Regent für den Anteil von Friedrich Wilhelm I. Adolf. Es kam zu erheblichen Spannungen zwischen den beiden Fürsten. Wilhelm Hyacinth wurde wegen schwerer Verfehlungen 1707 vom Kaiser abgesetzt.

Rembold baute danach zwischen 1698 und 1711 den Nordtrakt (Kurländerflügel, später benannt nach der zweiten Gemahlin des Fürsten Friedrich Wilhelm I. Adolf, Amalie Luise von Kurland) sowie eine Reihe von Nebengebäuden. Ein neuer mittlerer Flügel (Corps de Logis) bezog die Fürstengruft von Maurits Post nach dessen Plänen mit ein. Die Fassade dieses Teils ist geprägt durch eine Arkade, die aus 21 Pfeilern gebildet wird. Nachträglich wurde der Ort der Fürstengruft 1884 durch die Hinzufügung eines Mittelrisalits optisch hervorgehoben. Bereits außerhalb der damaligen Stadtmauern wurde von Rembold der barocke Schlossgarten (Herrengarten) angelegt. Dazu gehörte 1703 eine Orangerie sowie anstelle eines im selben Jahr eingestürzten mittelalterlichen Turms der Siegener Stadtbefestigung der Dicke Turm als Archivturm. Erst 1802 wurde er mit dem Kurländerflügel durch einen Zwischenbau verbunden. Der langgestreckte Mittelflügel (Corps de Logis), dessen Zentrum die Fürstengruft bildet, wurde wohl vor dem Herbst 1715 vollendet, da die Hofkapelle über der Gruft zu diesem Zeitpunkt geweiht wurde. An der Nordostseite des Schlossplatzes lagen der Marstall und ein Ballhaus. Beide wurden nach den Luftangriffen auf Siegen im Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut.

1717 wurde Erich Philipp Ploennies (1672–1751) Nachfolger von Rembold. Ab 1717 begann er mit dem Bau eines Südflügels (Wittgensteiner Flügel), der später nach Gräfin Sophie Polyxena zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein benannt wurde. Deren Gemahl Friedrich Wilhelm II. folgte seinem Vater 1722, stand aber als 15-Jähriger zunächst unter Vormundschaft. 1734, nach dem Tod von Friedrich Wilhelm II., fiel das Fürstentum Nassau-Siegen an Wilhelm IV. von Nassau-Dietz, Prinz von Oranien, Erbstatthalter der Vereinigten Provinzen der Niederlande. Die beiden Fürstin-Witwen Amalie Luise von Kurland und ihre Schwiegertochter Sophie Polyxena zu Sayn-Wittgenstein blieben bis an ihr Lebensende (1750 bzw. 1781) in den nach ihnen benannten Flügeln des Neuen Schlosses wohnen; daneben diente es ab 1742 auch als Behördengebäude. Nachdem das Siegerland 1815 zu Preußen gekommen war, war das Schloss unter anderem Dienstsitz des Landrates. 1816 wurde im Unteren Schloss das Bergamt Siegen gegründet, 1818 wurde in einem Raum im Kurländer Flügel die Königliche Bergschule Siegen eröffnet. 1822 war im Wittgensteiner Flügel des Schlosses das Postamt Siegens untergebracht. Zwischen 1864 und 1976 befand sich im Schloss das Amt- und Landgericht.

    
       
       
       
       

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