In Westeuropa wirkte sich der Ausbruch ebenfalls
aus. Die 120 Millionen Tonnen Schwefeldioxid, die in die Atmosphäre
geschleudert worden waren, hatten in Verbindung mit Wasserpartikeln die
doppelte Menge an giftigen Aerosolen produziert, die nun mit dem
Jetstream nach Osten wanderten und sich kreisförmig über Nordeuropa und
besonders über Frankreich und die britischen Inseln bewegten. Der
schwefelhaltige Nebel wurde als Höhenrauch oder „trockener Nebel“
gedeutet und lag am 10. Juni über Bergen, am 16. Juni über Prag, am 17.
Juni über Berlin, am 18. Juni über Paris, am 20. Juni über Le Havre und
am 22. Juni über Großbritannien. Die Schwefelsäure belastete die Lungen
und führte bei Landarbeitern zu einer höheren Sterberate (Region
Chartres und Großbritannien). Schiffe, die aus Nordamerika nach Europa
fuhren, kollidierten beinahe mit anderen, weil der Nebel über dem
Atlantik die Sicht deutlich einschränkte. Malta wurde am 20. Juni von
einem so dichten Nebel bedeckt, dass die Sonne nicht mehr zu sehen war.
In England und Finnland gab es Ascheregen. Aus ganz Europa existieren
zahlreiche Berichte, die ein ungewöhnlich nebliges Klima erwähnen. Ab
September 1783 kam es zu schweren Regenfällen und Unwettern. Darauf
folgte ein sehr kalter Winter 1783/84. In Großbritannien starben ca.
8000 Personen mehr als in einem normalen Winter. Im Osten der
Vereinigten Staaten von Amerika lagen die durchschnittlichen
Wintertemperaturen um 4,8 Grad Celsius unter dem 225-jährigen Mittel.
Die gesamte nördliche Hemisphäre kühlte sich im Durchschnitt um 1,5 Grad
Celsius ab. Der Naturforscher Benjamin Franklin sprach 1784 davon, dass
sich „ein konstanter Nebel über ganz Europa und große Teile Nordamerikas
gelegt habe“. Im Frühjahr 1784 kam es zu heftigen Überschwemmungen durch
Schmelzwasser. Diese Eruptionen gehören somit zu den folgenschwersten
der letzten 2000 Jahre.
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