Schlacht bei Chancellorsville (1.– 4. Mai 1863)


Konfliktparteien

US

CSA

Befehlshaber

 

Joseph Hooker

 

Robert E. Lee

Thomas "Stonewall" Jackson

Truppenstärke

133.868

60.892

Verluste

gefallen: 1.606 / verwundet: 9.672 / vermisst/gefangen: 5.919

gefallen: 1.665 / verwundet: 9.081 / vermisst/gefangen: 2.018


Allgemeines

Die Schlacht bei Chancellorsville fand vom 1.–4. Mai 1863 im Raum zwischen dem Gehöft Chancellorsville etwa 16 km westlich und in der Kleinstadt Fredericksburg, Virginia statt. Sie wurde auch Lees perfekte Schlacht wegen dessen riskanter, aber erfolgreicher Teilung seiner Nord-Virginia-Armee unter den Augen der mehr als doppelt so starken Potomac-Armee Generalmajor “Fighting Joe” Hookers genannt. Die Schlacht war geprägt durch Lees Kühnheit und Hookers Zaghaftigkeit. Beides zusammen führte zu einem überwältigenden Sieg der Konföderierten. Der Sieg wurde einzig durch die tödliche Verwundung Generalleutnant Jacksons getrübt. Am 25. Januar 1863 übernahm Hooker den Oberbefehl über die Potomac-Armee. Er begann sofort mit organisatorischen Änderungen, die zum einen die Soldaten betrafen - es gab wieder ausreichend Verpflegung und der Sold wurde wieder gezahlt - und zum anderen die vom Vorgänger eingeführte Gliederung rückgängig machten - die Grand Divisions wurden aufgelöst. Aus deren Kavallerieverbänden bildete er ein Kavalleriekorps. Zudem löste er missliebige Kommandierende Generale ab und ersetzte sie durch Willfährigere. Generalmajor Daniel Edward Sickles erhielt das Kommando über das III. Korps; der Kommandeur einer der Grand Divisions, der deutschstämmige Generalmajor Franz Sigel wurde beurlaubt und Generalmajor Oliver Otis Howard erhielt das Kommando über dessen ehemaliges XI. Korps. Kommandierender General des VI. Korps wurde Generalmajor John Sedgwick.

Die Nord-Virginia-Armee General Lees besaß nach der Schlacht von Fredericksburg die bessere Moral; ihre Versorgungslage war jedoch angespannt, weil sie nur über die einspurige Richmond, Fredericksburg & Potomac Eisenbahnlinie verfügte, auf der nur zwei Züge pro Tag Versorgungsgüter zur Armee transportieren konnten. Das betraf besonders die Verpflegung – das umliegende Land war erschöpft, die nicht für die Artillerie und Kavallerie benötigten Pferde waren aufgegessen und viele andere Pferde verhungerten. Die Beweglichkeit der Nord-Virginia-Armee war erheblich eingeschränkt. Um diese Probleme zu beheben, schickte Lee seine Kavallerie bis zu 160 km entfernt ins Land und seine Artillerie zu Orten, an denen noch Futter für die Pferde verfügbar war. Generalleutnant James Longstreet schickte er mit zwei Divisionen zum Schutz der Hauptstadt nach Süden. Im Norden sorgte der Stillstand an allen Fronten für erheblichen Erfolgszwang. Lincoln forderte Hooker auf, so schnell wie möglich offensiv zu werden und dass diesmal nicht die konföderierte Hauptstadt Richmond, sondern die Vernichtung der Nord-Virginia-Armee das Ziel des Feldzugs sei. Lee hatte auf 25 Meilen Feldbefestigungen südlich des Rappahannock ausheben lassen. Sollte sich die Potomac-Armee bewegen, wollte er einfach Truppen dorthin verlegen, wo er die gegnerische Armee erwartete. Hooker seinerseits war über die Versorgungsschwierigkeiten seines Gegners informiert und in ihm reifte der Plan, den Gegner zu umgehen und ihn von seinen Versorgungslinien abzuschneiden.

Am 13. April beauftragte Hooker sein Kavalleriekorps unter Brigadegeneral George Stoneman, den Rappahannock ca. 30 Meilen westlich von Fredericksburg zu überschreiten und Lees Versorgungslinie bei Hanover Junction zu unterbrechen. Anschließend wollte er die Nord-Virginia-Armee frontal angreifen und vernichten. Dieser Plan scheiterte, weil wegen einwöchigen Regens die Kavallerie den angeschwollenen Rappahannock, bzw. Rapidan nicht überqueren konnte. Nach dem witterungsbedingten Scheitern dieses Plans beabsichtigte Hooker, Lee bei Fredericksburg mit starken Kräften zu binden und mit der Masse der Potomac-Armee auf dessen linker Flanke und im Rücken anzugreifen und ihn dadurch zum Ausweichen nach Süden zu zwingen. Am 27. April marschierten drei Korps und die Kavallerie entlang des Rappahannock nach Nordwesten. Am 29. April erreichten sie Kellys Ford und überquerten den Fluss, schwenkten nach Südosten und überschritten den Rapidan an zwei Übergängen. Das Kavalleriekorps begann einen Raid gegen die Versorgungslinien der Nord-Virginia-Armee. Zwei weitere Korps überschritten den Rappahannock am 29. bei der US Furt. Am 30. April vereinigten sich die Korps mit insgesamt mehr als 80.000 Mann im Raum um Chancellorsville. Die beiden Korps unter der Führung Sedgwicks überschritten den Rappahannock bei Fredericksburg, um Lee mit ca. 40.000 Mann zu binden.

Lee war sich zunächst über das Vorhaben des Gegners im Unklaren. Am 29. befahl er Generalmajor Richard Anderson mit seiner Division die Anmarschwege des Gegners zu überwachen. Da Anderson das Gelände westlich Chancellorsville – The Wilderness – als ungeeignet beurteilte, wich er bis auf das offene Gelände ostwärts Chancellorsville aus und richtete sich zur Verteidigung ein. Am 30. schlug Generalleutnant Jackson einen Angriff auf Sedgwick vor, den Lee wegen der Artillerieüberlegenheit der Potomac-Armee untersagte. Erst als Sedgwick nicht angriff, befahl Lee Jackson sich mit seinem gesamten Korps im Raum Chancellorsville zu versammeln. Einzig die Division Generalmajor Earlys verblieb mit 12.000 Mann in den Stellungen gegenüber Sedgwick, aus denen die Nord-Virginia-Armee bereits in der Schlacht von Fredericksburg gekämpft hatte. Hooker hatte seinen Kommandierenden Generalen befohlen, im Raum Chancellorsville zu bleiben, bis alle fünf Korps versammelt waren und dann gemeinsam die unterlegenen Konföderierten anzugreifen oder noch besser, einen Angriff aus günstigen Stellungen abzuwehren. Die Verbände bei Chancellorsville gruben sich ein. Das XI. Korps am äußersten rechten Flügel der Potomac-Armee rechnete jedoch nicht mit einem Angriff der Konföderierten, sondern war davon überzeugt, am nächsten Morgen selbst angreifen zu dürfen. Deshalb richtete es sich nicht mit Nachdruck zur Verteidigung ein.


KARTEN

Union Center Jackson's Flank March Hazel Grove 03.Mai 1863 / 06.00 a.m. Lee renews the Attack 03.Mai 1863 / 09.00 a.m.
       
Hooker's Final Bastion Chancellorsville Intersection 01.Mai 1863 Pressing the Attack McLaw's Trail

30. APRIL

Nach dem witterungsbedingten Scheitern dieses Plans beabsichtigte Hooker, Lee bei Fredericksburg mit starken Kräften zu binden und mit der Masse der Potomac-Armee auf dessen linker Flanke und im Rücken anzugreifen und ihn dadurch zum Ausweichen nach Süden zu zwingen. Am 27. April marschierten drei Korps und die Kavallerie entlang des Rappahannock nach Nordwesten. Am 29. April erreichten sie Kellys Ford und überquerten den Fluss, schwenkten nach Südosten und überschritten den Rapidan an zwei Übergängen. Das Kavalleriekorps begann einen Raid gegen die Versorgungslinien der Nord-Virginia-Armee. Zwei weitere Korps überschritten den Rappahannock am 29. bei der US Furt. Am 30. April vereinigten sich die Korps mit insgesamt mehr als 80.000 Mann im Raum um Chancellorsville. Die beiden Korps unter der Führung Sedgwicks überschritten den Rappahannock bei Fredericksburg, um Lee mit ca. 40.000 Mann zu binden.

Lee war sich zunächst über das Vorhaben des Gegners im Unklaren. Am 29. befahl er Generalmajor Richard Anderson mit seiner Division die Anmarschwege des Gegners zu überwachen. Da Anderson das Gelände westlich Chancellorsville – The Wilderness – als ungeeignet beurteilte, wich er bis auf das offene Gelände ostwärts Chancellorsville aus und richtete sich zur Verteidigung ein. Am 30. schlug Generalleutnant Jackson einen Angriff auf Sedgwick vor, den Lee wegen der Artillerieüberlegenheit der Potomac-Armee untersagte. Erst als Sedgwick nicht angriff, befahl Lee Jackson sich mit seinem gesamten Korps im Raum Chancellorsville zu versammeln. Einzig die Division Generalmajor Earlys verblieb mit 12.000 Mann in den Stellungen gegenüber Sedgwick, aus denen die Nord-Virginia-Armee bereits in der Schlacht von Fredericksburg gekämpft hatte.

Hooker hatte seinen Kommandierenden Generalen befohlen, im Raum Chancellorsville zu bleiben, bis alle fünf Korps versammelt waren und dann gemeinsam die unterlegenen Konföderierten anzugreifen oder noch besser, einen Angriff aus günstigen Stellungen abzuwehren. Die Verbände bei Chancellorsville gruben sich ein. Das XI. Korps am äußersten rechten Flügel der Potomac-Armee rechnete jedoch nicht mit einem Angriff der Konföderierten, sondern war davon überzeugt, am nächsten Morgen selbst angreifen zu dürfen. Deshalb richtete es sich nicht mit Nachdruck zur Verteidigung ein.


1. Mai

Die Bewegungen der Potomac-Armee waren geglückt. Allerdings machte Lee keine Anzeichen, nach Süden auszuweichen. Vielmehr marschierte er mit 28.000 Mann Hooker entgegen. Nachdem seine fünf Korps bei Chancellorsville versammelt waren, griff Hooker mit drei Korps nach Osten an, Meades V. links, Couch’ II. in der Mitte und Slocums XII. rechts. Schon bald hatte das II. Korps Feindberührung mit McLaws Division, Meade hatte keine Feindberührung. Als am späten Vormittag auch die Divisionen des XII. Korps Feindberührung mit Andersons Division bekamen, befahl Hooker seinen Korps, alle Angriffe abzubrechen und sich rund um das Gehöft Chancellorsville zur Verteidigung einzurichten. Obwohl sich die Kommandierenden Generale diesem Entschluss nur mit Murren beugten, lag ihm eine gute strategische Überlegung zu Grunde: Das Gelände – The Wilderness genannt – war von dichten, nahezu undurchdringlichen Dickicht bewachsen, in dem kleinere Lichtungen immer wieder Schussfeld für den Verteidiger boten und so ein Angriff Lees besser abgewehrt werden könnte und nach dem Antreten Sedgwicks würde Lee zwischen den beiden Teilen der Potomac-Armee aufgerieben werden.

Die vordersten Verbände Jacksons erreichten gegen 08:00 Uhr die sich eingrabende Division Andersons. Jackson befahl Anderson, sich auf einen Angriff einzustellen, weil die sich nach Osten bewegenden Divisionen Hookers lohnende Angriffsziele darstellten. Das defensive Verhalten Hookers kam Lees Absicht entgegen, die beiden Teile der Potomac-Armee nacheinander zu schlagen. Aber auch ihm wurde während des Tages durch ständige Aufklärung klar, dass die Wilderness sich nicht für einen Angriff eignete und das Zentrum der Potomac-Armee für einen Frontalangriff zu stark war, einzig ein Flankenangriff aus Westen böte Aussicht auf Erfolg. Um diesen Plan zu realisieren, war es notwendig, die Nord-Virginia- Armee zu teilen, einen möglichst unbemerkten 12-Meilen-Marsch rund um die Stellungen der Unionstruppen durchzuführen und zu hoffen, dass Sedgwick nicht offensiv wurde. Dieser Entschluss bedeutete, dass den 70.000 Mann der Potomac-Armee nur noch 14.000 Konföderierte gegenüberstehen würden, sobald der eintägige Marsch mit den restlichen 26.000 Mann aus Jacksons Korps begonnen haben würde.


2. Mai

       

Lee wollte am Morgen die Aufmerksamkeit der Potomac-Armee auf die Divisionen Andersons und McLaws richten, die er persönlich führte. Die Stärke des linken Flügels und des Zentrums des Gegners war ausreichend bekannt, über den rechten Flügel hatte Lee so gut wie keine Erkenntnisse. Er sandte deshalb seinen Neffen, Brigadegeneral Fitzhugh Lee, mit dessen Kavallerie zur Aufklärung gegen das XI. Korps. Mit gut ausgeruhten und versorgten Soldaten marschierte Jackson am Morgen auf der am Vortage festgelegten Route los. Die vordersten Teile Jacksons erreichten gegen 06:00 Uhr Catherine Furnace. Die Union hatte den Aufbruch Jacksons erkannt – das Ziel der Bewegung war aber nicht klar. Eine Aufklärung nach Osten zeigte, dass die Konföderierten dort in Stellungen lagen. Da diese Bewegung auch einen Angriff auf die rechte Flanke vorbereiten konnte, warnte Hooker den Kommandierenden General des XI. Korps, Generalmajor Howard, vor der Gefahr und befahl ihm, Maßnahmen für diesen Fall vorzubereiten. Die andere Deutungsmöglichkeit war das Ausweichen der Konföderierten nach Süden. Diese Sichtweise setzte sich im Hauptquartier der Potomac-Armee durch.

Der Kommandierende General des III. Korps, Generalmajor Sickles, setzte gegen 13:00 Uhr durch, dass er den vermeintlich ausweichenden Südstaatlern nachsetzen durfte. Bei Catherine Furnace griff er die Nachhut Jacksons mit zwei Divisionen an. Diese wich vor dem Angriff nach Süden aus. Hooker war nun mehr denn je überzeugt, dass die Nord-Virginia-Armee auf dem Rückzug sei. Dementsprechend befahl er Sedgwick gegen 11:15 Uhr, Early bei Marye’s Height anzugreifen und Lee in die Zange zu nehmen. Dieser Befehl erreichte Sedgwick jedoch erst gegen 16:30 Uhr. Für einen Angriff am selben Tag war es zu spät. Hooker befahl gegen 14:30 Uhr seinen Kommandierenden Generalen, sich für den folgenden Tag auf die Verfolgung der ausweichenden Nord-Virginia-Armee einzustellen. Jackson erreichte die äußerste rechte Flanke der Potomac-Armee gegen 15:00 Uhr. Er fand folgende Situation vor: die Nordstaatler sicherten nach Süden und er stand westlich ihrer Stellungen. Jackson begann seine Divisionen beiderseits des Orange Turnpikes für den Angriff nach Osten bereitzustellen.

Dabei hatte es den ganzen Tag Meldungen der Aufklärung gegeben, dass sich große Truppenteile der Konföderierten mit Infanterie und Artillerie entlang der Front des XI. Korps nach Westen bewegten. Oberst von Gilsa, Kommandeur einer Brigade des XI. Korps, wurde als Angsthase verspottet, als er Generalmajor Howard den Sachverhalt melden wollte. Die Wilderness sei so undurchdringlich, da käme kein Gegner durch! Daher sicherten nur zwei Regimenter der 1. Division und zwei Geschütze nördlich der Plank Road nach Westen. Die meisten Soldaten des XI. Korps verbrachten den Tag mit Faulenzen, in der Überzeugung weit entfernt vom Schlachtgeschehen zu sein. Der Angriff Jacksons begann gegen 17:30 Uhr. Die Waffen vieler Nordstaatler waren zu Gewehrpyramiden zusammengestellt, da die Einheiten gerade die Abendverpflegung zubereiteten. Gegen 19:00 Uhr war Jackson bereits 2 Meilen nach Osten vorangekommen und hatte die Divisionen Schurz’ und Devens’ weitgehend aufgerieben. Die Reihen der Angreifer waren jedoch genauso durcheinander wie die der Angegriffenen. Jackson befahl gegen 19:15 Uhr einen Halt, um seine beiden vorderen Divisionen zu ordnen und befahl Generalmajor A.P. Hills Division über sie hinweg anzugreifen. Inzwischen war es dunkel geworden. Das Durcheinander auf beiden Seiten war unvorstellbar – Freund und Feind waren kaum zu unterscheiden. Nach einer Attacke eines Regiments der Unionskavallerie wurden alle Verbände Jacksons vor der Gefahr eines Kavallerieangriffs gewarnt. Jackson war wegen dieser Verzögerungen ungeduldig. Er befahl A.P. Hill, seinen Angriff beschleunigt fortzusetzen:.

                 
   
       

Eigene Truppen dicht hinter sich wissend erkundete er am sternklaren Abend das Gelände vor den eigenen Truppen, um Befehle für das sofortige weitere Vorgehen geben zu können. Die nachfolgenden Soldaten wussten aber nicht, dass Jackson mit seinem Stab vor ihnen war, waren aber vor Kavallerieangriffen gewarnt worden. Sie eröffneten das Feuer, als sie die sich nähernden Pferde Jacksons und seiner Begleitung hörten. Jackson wurde dreimal getroffen und sofort in Sicherheit gebracht. Aus diesen Schüssen entwickelte sich ein Feuergefecht, bei dem auch der Nächste in der Kommandoreihenfolge, A.P. Hill, verletzt wurde. Nach diesen beiden Ausfällen ging es jetzt darum, das Vertrauen der Truppen in die Führung aufrecht zu erhalten. Weil Brigadegeneral Rodes nur wenig bekannt war, schlug Hill Generalmajor J.E.B. Stuart als Kommandierenden General vor. Da Stuart aber keine Kenntnisse von der aktuellen Lage hatte, wurde der Angriff abgebrochen und sollte am nächsten Tag fortgesetzt werden. Jacksons linker Arm wurde noch in der Nacht amputiert. Lee bedauerte in einer kurzen Mitteilung die Verwundung und gratulierte Jackson zu seinem grandiosen Sieg, nicht ahnend, dass sein bester General innerhalb von acht Tagen sterben würde. In der Zwischenzeit hatte das III. Korps die Gefechte bei Catherine Furnace abgebrochen und Stellungen bei Hazel Grove bezogen. Von hier aus griff Sickles noch am Abend erfolglos die Konföderierten an, dieser Angriff blieb die einzige offensive Aktion der Potomac-Armee des Abends. Beide Armeen lagen sich gegenüber, um die Schlacht am nächsten Tag fortzusetzen. Während des gesamten Tages hatte Sedgwick bei Fredericksburg nicht angegriffen. Lees Plan war aufgegangen.


3. Mai

In der Nacht war auch das I. Korps der Potomac-Armee eingetroffen und bezog Stellungen am rechten Flügel der Potomac-Armee angelehnt an den Rapidan. Linker Nachbar war das V. Korps Meades. Daran schloss sich das III. Korps Sickles’ an. Alle drei sicherten nach Westen. Es folgten Slocums XII. und Couch’ II. Korps, die aus ihren alten Stellungen nach Süden und Osten verteidigten. Die Reste des XI. Korps hielten Stellungen bis zum Rappahannock mit der US Furt, der einzigen Versorgungslinie der Potomac-Armee. Insgesamt hatte Hooker nun 76.000 Mann zur Verfügung. Besondere Bedeutung erhielt ein Frontvorsprung des III. Korps bei Hazel Grove – einer Höhenrippe, von der aus Artillerie sowohl nach Westen angreifende konföderierte Infanterie als auch nach Osten bis Chancellorsville wirken konnte. Zudem war durch diesen Frontvorsprung die Verbindung zwischen Stuarts Korps und den restlichen Divisionen Lees unterbrochen.

Der Angriff Jacksons am Vortag hatte die Potomac-Armee schwer getroffen, aber nicht vernichtet. Der Anzahl nach weiterhin überlegen, die Ausrüstung weitgehend vollständig und die Moral bis auf die der vom gestrigen Angriff direkt Betroffenen hoch, hätte ein Angriff auf die getrennten Teile der Nord-Virginia-Armee nacheinander Erfolg versprechend sein können. Aber die Moral des entscheidenden Mannes, Generalmajor Hookers, war gebrochen - er war geschlagen. Während der Nacht verlangte Sickles nach Verstärkungen. Hooker lehnte das ab und befahl das III. Korps auf die Höhe von Chancellorsville zurück. In der Nacht hatte er Sedgwick noch einmal befohlen, anzugreifen und ihm zu Hilfe zu kommen.

Durch das Ausweichen Sickles’ war die Nord-Virginia-Armee wieder vereint. Lee entschloss sich, die Potomac-Armee entlang der Orange Plank Road anzugreifen. Hier stand ihm nur das III. und Teile des XII. Korps gegenüber. Andersons und McLaws Divisionen beschäftigten das II. und den Rest des XII. Korps, so dass diese Sickles nicht verstärken konnten. Stuarts Korps griff um 05:30 Uhr an. Nach zwei Stunden war die erste Verteidigungsstellung der Union genommen. Wesentlichen Anteil daran hatte das Artilleriefeuer von Hazel Grove. Die Erinnerung daran führte zu Sickles’ Fehler während der Schlacht von Gettysburg, unbedingt einen ‚High Ground’ besetzen zu müssen. Bemerkenswert war, dass sowohl der Artillerie als auch vielen Infanterieverbänden der Union die Munition ausging und sie aus der Front nach rückwärts zum Aufmunitionieren marschierten. Die Kämpfe waren sehr hart. Besonders die Verwundeten litten sehr unter dem in Brand geschossenen Unterholz – viele verbrannten, bei anderen explodierte die Munition in den Patronentaschen und fügte ihnen weitere Verletzungen zu.

Sickles gab gegen 09:00 Uhr die Stellungen der Infanterie und die Artilleriestellungen auf dem Fair View Hill auf und bezog eine neue Verteidigungslinie in der Nähe von Chancellorsville. Kurz darauf wurde Hooker, auf der Veranda des Chancellor-Hauses stehend, von einem hölzernen Stützpfeiler getroffen, den ein konföderiertes Geschoss aus seiner Verankerung gerissen hatte, und erlitt eine Gehirnerschütterung. Er lehnte jedoch die zeitweilige Übergabe des Kommandos an den nächsten im Rang folgenden Offizier, Generalmajor Couch, ab und trug damit zur schwachen Vorstellung der Potomac-Armee bei. Schließlich wurden auch das XII. und II. Korps zurückgenommen. Die Potomac-Armee bezog Stellungen nördlich von Chancellorsville. Gegen Mittag blieb der Angriff der Konföderierten wegen Erschöpfung und wegen des Entlastungsangriffs Sedgwicks bei Fredericksburg an der Plank und River Road liegen.

Bei Fredericksburg griff Sedgwick im Morgengrauen die Stellungen Earlys bei Marye’s Heights an und wurde abgewehrt. Wegen der bitteren Erfahrungen im Dezember 1862 befahlen die Regimentskommandeure die weiteren Angriffe als Bajonettangriffe und in tiefer Gliederung. Tatsächlich brachen die Angreifer gegen 11:00 Uhr in die Stellungen der Konföderierten ein, denen es jedoch größtenteils gelang, nach Südwesten auszuweichen. Sedgwick hatte das unmöglich Erscheinende, die Erstürmung der Marye’s Height, geschafft, bei der im Dezember die Potomac-Armee mit Tausenden Gefallenen gescheitert war. Er setzte die Verfolgung aber nur zögerlich fort. Lee hatte den Angriff bei Chancellorsville eingestellt und zunächst die Division McLaws’ dem VI. Korps entgegen geschickt. Die Konföderierten trafen gegen 15:30 auf die vorderste Division Sedgwicks. Nach heftigen Kämpfen gelang es McLaws die Unionstruppen aufzuhalten, weil Sedgwick mit nur einer Division angriff. Als seine anderen Divisionen heran waren, wurde es dunkel und der Kampf abgebrochen. Lee befahl gegen 19:00 Uhr Andersons Division zur Unterstützung McLaws in den Raum von Salem Church. Early erhielt den Auftrag, Sedgwick im Rücken anzugreifen. Mit diesen Kräften, ca 30.000 Mann, wollte er das VI. Korps der Union mit ca. 20.000 Mann am nächsten Tag schlagen.


4. Mai

Hooker hatte den ganzen Tag die Potomac-Armee weiter eingraben lassen. Sie befand sich in einer starken Verteidigungsstellung. Ein Angriff Lees hätte sicherlich erfolgreich abgewehrt werden können. Es ist nicht sicher, ob Hooker wusste, wie schwach die ihm gegenüberliegenden Konföderierten während des Tages tatsächlich waren. Anderson hatte am frühen Morgen gegen die Stellungen Hooker aufgeklärt und festgestellt, dass ein Angriff nicht Erfolg versprechend wäre. Als das Lee gemeldet wurde, entschied er, Sedgwick mit Andersons, McLaws’ und Earlys Divisionen bei der Salem Church anzugreifen. Early hatte gegen 07:00 Uhr die am Vortag verlorenen Stellungen bei Marye’s Heights wieder besetzt und so die Verbindung Sedgwicks zur Übergangsstelle über den Rappahannock bei Fredericksburg unterbrochen. Sedgwick hielt mit drei Divisionen einen Brückenkopf von Bank’s Furt bis zur Plank Road. Er ließ Pontonbrücken bei Bank’s Furt bauen, da er nicht über Fredericksburg würde ausweichen können. Die Division Gibbons sicherte den Übergang über den Fluss in Fredericksburg.

Lee griff gegen 17:30 Uhr von Westen, Süden und Osten Sedgwicks Divisionen an. Nach einem kurzen, heftigen Gefecht fiel das VI. Korps auf den Rappahannock zurück. Lees Artillerie konnte die Pontonbrücke nicht zerstören. Der Angriff kam nach kurzer Zeit nicht nur wegen der Dunkelheit und des schwierigen Geländes der Wilderness, sondern auch wegen erheblicher Koordinationsschwierigkeiten zum Erliegen. Sedgwick gelang es über den Rappahannock auszuweichen und die Pontonbrücken abzubauen. Dem war wieder ein Verständigungsproblem zwischen Hooker und Sedgwick vorhergegangen. Hooker wollte, dass Sedgwick die Furt halten sollte, damit er sie für den von ihm vorgesehenen Angriff nach dem Ausweichen von Chancellorsville nutzen konnte.

Nachdem der linke Flügel der Potomac-Armee keine Gefahr mehr für die Nord-Virginia-Armee darstellte, entschloss sich Lee, Early erneut in den Stellungen gegenüber Fredericksburg zu belassen und am nächsten Tag Hooker mit allen anderen Teilen seiner Armee anzugreifen und zu vernichten. Dazu marschierten Andersons und McLaws’ Divisionen wieder nach Chancellorsville zurück. General Hooker führte in der Nacht eine Besprechung mit seinen Kommandierenden Generalen mit dem Ziel durch, das weitere Vorgehen festzulegen. Reynolds, Meade und Howard waren dafür, in den guten Stellungen zu bleiben, aus ihnen zu kämpfen und einen erneuten Angriff vorzubereiten. Sickles und Couch sprachen sich für das Ausweichen über den Rappahannock aus – Couch nur, weil er nicht mehr unter dem Kommando Hookers kämpfen wollte. Hooker entschied sich für Ausweichen. Unzufrieden mit der Entscheidung, beschwerte sich Reynolds in Hörweite Hookers


Nach der Schlacht

Lee sammelte die Nord-Virginia-Armee am 5. Mai bei Chancellorsville und bereitete sich auf den Angriff auf die letzte von Hooker gehaltene Position vor. Zusätzlich setzte er gewaltsame Aufklärung an, um Schwachpunkte in der Verteidigungsstellung der Potomac-Armee zu finden. Am Morgen des 6. Mai war Lee gerade dabei, die Befehle für die Annäherung und den darauf folgenden Angriff zu geben, als ihm gemeldet wurde, dass Hooker die Stellungen aufgegeben hatte. Lee war überrascht und befahl seinen Truppen, den ausweichenden Nordstaatler hinterher zu setzen und ihnen soviel Schaden wie möglich zuzufügen. Ob Lee wirklich vorhatte, die gut ausgebauten Feldbefestigungen der Potomac-Armee mit seinen unterlegenen Kräften anzugreifen, ist umstritten. Er hatte am 5. Mai Generalmajor Stuart zwei Nachrichten gesandt, in denen er ihn warnte, den eingegrabenen Gegner frontal anzugreifen und empfahl, einen solchen Angriff nicht durchzuführen, denn über eine solche Taktik seien sie doch längst hinaus. Er wollte aber die Hoffnung nicht aufgeben, dem ausweichenden Gegner einigen Schaden zufügen zu können.

In der Nacht hatte heftiger Regen eingesetzt wie fast immer nach großen Schlachten in Virginia. Hooker war unter seinem Schutz und dem seiner Feldbefestigungen auf den Wegen durch den dichten Wald zur U.S. Furt ausgewichen. Dort hatte er den Rappahannock auf Pontonbrücken überquert. Während dieses Ausweichens glaubte ein Teil seiner Soldaten an einen erneuten Flankenmarsch mit anschließenden Angriff, die überwiegende Mehrheit wusste jedoch, dass ihre Armee geschlagen worden war, obwohl sie überhaupt nicht gekämpft hatten. General Hooker bezog sein ehemaliges Hauptquartier in Falmouth am Morgen des 7. Mai und erließ von dort einen Tagesbefehl, in dem er die Leistungen der Armee würdigte. Auch die vor Beginn des Feldzugs in Marsch gesetzte Kavallerie traf wieder bei der Potomac-Armee ein. Sie hatte während ihres Raids im Rücken der Nord-Virginia-Armee ein paar unbedeutende Ziele angegriffen, das von Hooker vorgegebene Ziel, die Verbindungslinien abzuschneiden, jedoch nicht erreicht.

Generalmajor Hookers Verhalten während der Schlacht wird unterschiedlich beurteilt. Nach dem gelungenen Umgehungsmanöver befand er sich in einer Hochstimmung und war überzeugt, die Nord-Virginia-Armee schlagen zu können. Beim Angriff am 1. Mai verzagte er angesichts einiger Unwägbarkeiten, war aber anschließend sicher, in seinen ausgebauten Feldbefestigungen unbesiegbar zu sein. Am 3. Mai entschloss er sich – halb betäubt, auf jeden Fall ohne Überblick über die Lage – den Rappahannock wieder zu überqueren und den Feldzug abzubrechen. Viele Augenzeugen schreiben seine Mutlosigkeit und Wankelmütigkeit extensiven Alkoholgenuss zu. Er selbst schob die Schuld an der Niederlage auf seine Untergebenen – Howard hätte seine Befehle nicht ausgeführt, Couch hätte nicht mit ihm zusammenarbeiten wollen und Sedgwick hätte schlecht gekämpft.


Folgen

Hooker hatte den Feldzug mit der Überzeugung begonnen, eine Siegeschance von 80% zu haben. Er hatte ihn verloren, weil zuallererst seine Verbindungen auf dem schlechtesten Stand waren, der jemals in der Potomac-Armee existierte. Danach folgten die Unfähigkeit seines Kavalleriekommandeurs, des Kommandierenden Generals des XI. Korps und die mäßige Vorstellung Sedgwicks. Seine eigenen wesentlichen Fehler waren der Abbruch des Angriffs am 1. Mai, der Befehl, Hazel Grove aufzugeben, und die falsche Truppeneinteilung – 40.000 Mann kamen überhaupt nicht zum Einsatz. Hookers Absicht war von einfacher Klarheit. Lee sollte seine überlegene Armee angreifen. Die Umsetzung war mangelhaft. Bei den einzelnen Kämpfen zeigte sich aber, dass die Soldaten der Potomac-Armee nach den Niederlagen des letzten Jahres im Kampf den Soldaten der Nord-Virginia-Armee ebenbürtig waren. Von den 90.000 Mann, die während der Schlacht gekämpft hatten, wurden 17.000 als Verluste gemeldet. Dies waren prozentual bedeutend weniger als Lees Verluste.

Lee Verluste beliefen sich auf 22%, die Hookers auf 13%. Den Südstaaten fiel es bedeutend schwerer, diese Verluste auszugleichen. Trotzdem war es ein überwältigender Sieg – Lees größter Sieg – der Lee davon überzeugte, dass seine Armee unüberwindbar sei. Lee merkte aber wieder, dass sein Führungsstil nicht jedem vertraut war. Ein Beispiel dafür war der Dialog mit General Pender. Dieser hatte bis jetzt immer unter Jackson gedient und war mit Lees Art zu befehlen nicht vertraut. Jackson hatte immer detaillierte Anweisungen gegeben, Lee befahl gewaltsame Aufklärung und setzte voraus, dass diese solange durchgeführt würde, bis man den Gegner tatsächlich aufklärte, und nicht nach dem kampflosen Erreichen der Feldbefestigungen beendet würde. Jacksons Nachfolger wurde Generalmajor Richard Stoddert Ewell, der ihn aber nicht ersetzen konnte. Viele Südstaatler beurteilten den Verlust Jacksons als das schlimmste Ereignis der Schlacht und für den Verlauf des Krieges.

Ungefähr einen Monat lang bildete der Rappahannock die Grenze zwischen Nord- und Südstaaten. General Lee hatte die Regierung überzeugen können, dass der Sieg dazu genutzt werden sollte, den Krieg auf das Territorium der Union zu verlagern. Dadurch sollte u.a. die Union gehindert werden, Generalmajor Grants Truppen vor Vicksburg zu verstärken. Die Nord-Virginia-Armee marschierte zunächst nach Nordwesten. Hooker folgte ihr nur zögerlich. Lees Marsch westlich der Blue Ridge Mountains verlief weitgehend unerkannt und ungestört, da er von seiner Kavallerie unter Stuarts Führung abgeschirmt wurde. Hooker blieb Oberbefehlshaber der Potomac-Armee. Erst als er mit Rücktritt wegen des Streits um die Unterstellung der Logistikverbände drohte, womit er recht hatte, nahm das Kriegsministerium die Gelegenheit wahr und ersetzte den ungeliebten Oberbefehlshaber am 28. Juni 1863 durch Generalmajor George G. Meade.


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