Am
18. April 1861, vier Tage nach den Schüssen auf Fort Sumter, bot der
einflussreiche Politiker Francis Preston Blair Lee im Auftrag des Präsidenten
Abraham Lincoln das Kommando über das Unionsheer an. Lee lehnte das Angebot
wegen seiner Verbundenheit mit seinem Heimatstaat Virginia ab, der inzwischen
auch aus der Union ausgetreten war. Sein Offizierspatent gab er am 23. April zurück,
verabschiedete sich von seinen Freunden in Washington, D.C. und kehrte nach
Virginia zurück. Dort wurde er kurz darauf zum Oberbefehlshaber des
virginischen Heeres ernannt. Als dieses Teil der konföderierten Streitkräfte
wurde, ernannte man Lee mit vier anderen zum Brigadegeneral. Die anderen vier
erhielten Truppenkommandos, Lee musste die Verteidigung der Hauptstadt
organisieren. Nach dem ersten konföderierten Sieg bei Manassas wurde der Rang
des Full Generals (Vier-Sterne-Generals) geschaffen und Lee wurde nach Samuel
Cooper und Albert Sidney Johnston als dritter Soldat der Konföderation zu
diesem befördert. Die Abzeichen eines konföderierten Generals (drei Sterne im
Eichenkranz) wollte er aber nie tragen – er trug die Abzeichen eines Obersten
der Provisional Army of the Confederate States (PACS) - drei Sterne, äquivalent
zu seinem erdienten Rang im US-Heer. Sein
erstes Truppenkommando erhielt Lee im Herbst 1861 in westlichen Virginia. Seine
Offensive am Cheat Mountain scheiterte allerdings zum einen wegen der ungewöhnlichen
Art seiner Befehlsgebung, zum anderen auf Grund der Fehler seiner Untergebenen.
Immerhin gelang es ihm, das weitere Vordringen der Unionstruppen nach Osten zu
verhindern; das westliche Virginia blieb unter Kontrolle des Nordens und
spaltete sich 1863 als West Virginia ab. Nach einer kurzen Verwendung als
Befehlshaber des Wehrbereichs South Carolina, Georgia und Florida wurde er 1862
von Jefferson Davis als Militärischer Berater – Kriegsminister ohne
Kompetenzen – nach Richmond, Virginia berufen. Nach der schweren Verwundung
von Joseph Johnston in der Schlacht von Seven Pines am 1. Juni 1862 übernahm er
das Kommando über die Nord-Virginia-Armee. Da Generalmajor McClellan vor den
Toren Richmonds stand, setzte Lee die Soldaten der Nord-Virginia-Armee zur
Verbesserung der Befestigungen der Hauptstadt ein. Die Soldaten, die das
Eingraben als unwürdig und unehrenhaft empfanden, verspotteten ihn als “King
of Spades“. Später wandelte sich dieser Spott jedoch in einen Ehrennamen, als
die Soldaten erkannten, dass das Eingraben besonders während Grants Überland-Feldzug
Leben rettete und zu Siegen verhalf. Lee
gelang mit seinem neuen Kommando, woran Johnston bislang gescheitert war. In der
Sieben-Tage-Schlacht vertrieb er McClellan unter hohen Verlusten für beide
Seiten von der Virginia-Halbinsel. Die militärische Bedrohung der Stadt
Richmond durch die in Virginia eingesetzten Armeen der Nordstaaten wurde durch
diesen Sieg erheblich reduziert. Lees
Sieg war jedoch nicht so vollständig, wie er erhofft hatte, da die Durchführung
der Gefechte an der schwerfälligen Umsetzung seiner Aufträge durch seine
Untergebenen gelitten hatte. Um die Koordination seiner Armee zu verbessern,
teilte Lee sie deswegen in zwei große „Flügel“ (“wings”) (später
Korps) ein, deren Kommandeure James Longstreet und Thomas Jonathan Jackson
wurden. In der Zwischenzeit drohte von Norden durch Generalmajor John Pope und
dessen Virginia-Armee eine neue Gefahr. Lee marschierte mit seiner Armee Pope
entgegen und fügte ihm in der Zweiten Schlacht am Bull Run eine verheerende
Niederlage zu.
Nach
diesen zwei großen Erfolgen, die das Blatt scheinbar binnen zwei Monaten
gewendet zu haben schienen, ergriff Lee selbst die Offensive und marschierte im
Norden in Maryland ein. Damit wollte er die Einwohner des Sklavenhalterstaates
Maryland zum Austritt aus der Union bewegen, den Farmern im nördlichen Virginia
ermöglichen, ihre Ernte ohne Störungen einzubringen und durch einen Sieg
England und Frankreich dazu bringen, die Konföderation anzuerkennen. Letzteres
hätte die Union zum Friedensschluss gezwungen. Vor der Schlacht am Antietam
zeigte er in den Schlachten am South Mountain und Harpers Ferry sein taktisches
Können. Zahlenmäßig stark unterlegen wurde er anschließend von General
McClellan und dessen Potomac-Armee am Antietam angegriffen und konnte sich nur
mit Mühe behaupten. Die hohen Verluste zwangen ihn danach zum Rückzug nach
Virginia.
Lee
bekam nach der Schlacht am Antietam einen neuen Gegenspieler – Generalmajor
Ambrose Everett Burnside wurde neuer Oberbefehlshaber der Potomac-Armee.
Burnside befahl einen Angriff über den Rappahannock bei Fredericksburg. Verzögerungen
bei der Zuführung von Ponton-Brücken und die Unfähigkeit Burnsides, einen
anderen Operationsplan zu entwickeln, brachten Lee die Zeit, für seine Armee
eine starke Verteidigung zu organisieren. Der am 13. Dezember 1862 durchgeführte
Angriff endete unter hohen Verlusten in einer Niederlage der Potomac-Armee. Lee
kommentierte die hohen Verluste des Gegners mit einem seiner berühmtesten
Aussprüche:
-
“It
is well that war is so terrible — we should grow too fond of it!” „Es
ist nur gut, dass der Krieg so schrecklich ist - wir würden sonst
vielleicht Gefallen daran finden.“
Nach
dieser Niederlage ernannte Lincoln Generalmajor Joseph Hooker zum
Oberbefehlshaber der Potomac-Armee, der im Mai 1863 beabsichtigte, Lee rechts zu
umgehen und dessen linke Flanke bei Chancellorsville anzugreifen. Lee vereitelte
diese Absicht durch den Entschluss, die Nord-Virginia-Armee zu teilen und
seinerseits Hookers rechte Flanke anzugreifen. Es wurde ein überwältigender
Sieg des Südens über die stärkeren Streitkräfte des Nordens, für den Lee
allerdings einen hohen Preis bezahlen musste – neben den prozentual höheren
Verlusten hatte er auch den Verlust Stonewall Jacksons zu verschmerzen, der in
den Monaten zuvor sein fähigster Untergebener gewesen war, und von dem er
sagte, er habe mit ihm seinen „rechten Arm“ verloren.
Nach
dem Sieg bei Chancellorsville war Lee davon überzeugt, seine Soldaten seien
unbesiegbar. Er wollte deshalb die Potomac-Armee auf dem Territorium der Union
schlagen, seine Nord-Virginia-Armee aus den reichen Vorräten Pennsylvanias
versorgen, den Farmern im nördlichen Virginia eine ungestörte Ernte ermöglichen
und mit einem Sieg die kriegsmüden Abgeordneten im Kongress zur Einstellung der
Kampfhandlungen bewegen. Noch erbost von der Plünderung Fredericksburgs durch
die Nordstaatler, erließ Lee die General Orders No. 73 und ordnete an, jedwede
Art von Plünderungen und Misshandlungen der Zivilbevölkerung zu unterlassen.
Lee marschierte von der Potomac-Armee unbemerkt ein zweites Mal auf
Unionsgebiet.
Bei
Gettysburg, Pennsylvania wurde er wegen mangelhafter Aufklärung
zunächst gegen seinen Willen zur dreitägigen Schlacht gezwungen, die er am
Morgen des zweiten Tages jedoch annahm. Die Potomac-Armee, jetzt unter
Generalmajor George Gordon Meade, wehrte alle Angriffe ab. Bezeichnend war auch
hier, dass sich Lee am Abend des zweiten Tages bitterlich über die Unfähigkeit
seiner Untergebenen beklagte, seine Aufträge so auszuführen, wie er sich das
vorstellte. Lee erlitt hohe Verluste und war gezwungen, nach Virginia
auszuweichen. Wie schon nach Antietam wurde die Nord-Virginia-Armee auch dieses
Mal nicht energisch genug verfolgt. Am 8. August 1863 schickte Lee wegen der
verlorenen Schlacht ein Rücktrittsgesuch an Präsident Jefferson Davis. Dieser
lehnte Lees Ersuchen ab.
Anfang
1864 wurde Ulysses S. Grant, der Sieger von Vicksburg und Chattanooga, zum neuen
Oberbefehlshaber der United States Army im Sezessionskrieg ernannt. Er schlug
sein Hauptquartier im Feld bei Meades Potomac-Armee auf, mit der er Lees Armee
vernichten wollte. Lee gelang es zwar, jeden Vorstoß Grants zu stoppen, aber
der blieb standhaft bei seinem Kriegsziel und besaß dazu genügend Soldaten, um
die Angriffe immer wieder an anderen Stellen zu erneuern. In der Wilderness, bei
Spotsylvania Court House und bei Cold Harbor fanden blutige Schlachten statt,
die jedes Mal das gleiche Ergebnis hatten: Grant wurde unter großen Verlusten
auf beiden Seiten abgewehrt, wich aber nicht aus, sondern griff wenig später
die Nord-Virginia-Armee an anderer Stelle erneut an.
Nach
der Niederlage bei Cold Harbor entschloss sich Grant, die Nord-Virginia-Armee am
wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Petersburg, Virginia anzugreifen. Die Einnahme
von Petersburg durch die Unionsarmee scheiterte aber, und es kam zur Belagerung
von Petersburg, die vom Juni 1864 bis April 1865 dauerte. In dieser Zeit machte
sich Grant seine numerische Überlegenheit zunutze und dehnte seine Linien immer
weiter aus. Lee, seit 31. Januar 1865 Oberbefehlshaber des gesamten konföderierten
Heeres, wurde dadurch gezwungen, seine Linien auszudünnen.
Lee
sah das Ende seiner Armee und der Konföderation kommen. Anfang 1865 drängte er
zur Annahme eines schon öfter vorgebrachten aber bis dato immer verworfenen
Planes, der es Sklaven erlauben sollte, in der Konföderierten Armee zu dienen.
Als Anreiz sollten sie im Gegenzug ihre Freiheit erhalten können. Dieser Plan
trat aber in der kurzen Zeit, die der Konföderation noch blieb, nie in Kraft.
Nachdem Lees Nord-Virginia-Armee in monatelangen Kämpfen abgenutzt worden war,
nahmen die Unionstruppen am 2. April 1865 Petersburg ein. Lee gab die
Verteidigung Richmonds auf und versuchte sich General Joseph E. Johnstons
Tennessee-Armee in North Carolina anzuschließen. Seine Truppen wurden aber von
den vereinigten Unions-Armeen umstellt und er kapitulierte gegenüber General
Grant am 9. April 1865 am Appomattox Court House, Virginia.
Während
der Kapitulation erklärte Lee für sich und seine Soldaten ehrenwörtlich, nie
wieder die Hand gegen die Vereinigten Staaten zu erheben. Im Gegenzug
garantierte ihnen Grant, von den Behörden der USA nicht belangt zu werden, so
lange sie sich an das Ehrenwort und die geltenden Gesetze hielten. Lee ging
daraufhin nach Hause; als nach dem Krieg der Ruf laut wurde, ihn und andere
hochrangige Konföderierte vor Gericht zu stellen, wurde dies unter anderem
durch das von Grant gegebene Versprechen vereitelt. |