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landkreis |
wilnsdorf - geschichte |
landkreis |
erste besiedelung |
Der Wilnsdorfer Raum war erstmals in der Latènezeit besiedelt. Verschiedene
Bodenfunde und Verhüttungsstätten aus der Zeit um Christi Geburt zeugen von den
Kelten, andere Funde von der Verhüttung und dem Eisengewerbe im Mittelalter
zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert. Die endgültige Besiedlung im Ortsgebiet
fand in der „Fränkischen Ausbauperiode“ zwischen 800 und 950 nach Christi Geburt
statt. Der Ort Wilnsdorf wurde am 24. Oktober 1185 unter dem Namen Willelmesdorf
erstmals urkundlich erwähnt. Ein „Hermannus de Willelmesdorf“ wird in der
Urkunde als Zeuge bei einer Stiftung König Heinrichs VI. genannt.[21] Daneben
ist auch noch der Name Wielandisdorf überliefert, der auf der Legende basiert,
dass in der Nähe des Ortes der sagenumwobene Schmied Wieland gelebt haben soll.
Im Laufe der Zeit hat sich auch der Ortsname Wilnsdorfs weiter entwickelt, es
gab zahlreiche verschiedene Schreibweisen, bis 1542 die heutige Schreibweise
Wilnsdorf erstmals genannt wurde. Die meistgenannten waren Willandisdorf
zwischen 1257 und 1340 und Wilnstorff zwischen 1451 und 1636. 1728 wurde der Ort
Weiland 6. Dorff genannt, weil ein Schreiber das s in Weilandsdorf als die Zahl
6 gedeutet hatte. In der Wilnsdorfer Gemarkung gab es mehrere Höfe und
Siedlungen außerhalb des eigentlichen Ortes. Der größte Hof war der Dückerhof.
Urkundlich erwähnt wurde er erst 1563, allerdings wird in der Heimatliteratur
vermutet, dass er schon zu den in Urkunden von 1340 und 1479 genannten Höfen
gehörte. Weitere Höfe waren: |
herren und burg von wilnsdorf |
Im Jahr 1185 wurden die Ritter von Kolbe, die zwischen dem Ende des 12. und
Mitte des 17. Jahrhunderts ihren Sitz in Wilnsdorf hatten, erstmals erwähnt. Sie
waren in dieser Zeit die Vögte der Fürsten von Nassau-Siegen in weiten Teilen
des Siegerlandes. Diese alteingesessene Familie wurde schon zu Zeiten des
nassauischen Geschichtsforschers Arnoldi „zum eingebohrenen Siegenschen Adel“
gezählt. Es heißt, sie seien aus den dort lebenden Geschlechtern hervorgegangen
und hätten schon im 13. Jahrhundert einen sehr großen Einfluss im Siegerland
gehabt, der sogar größer war als der der Herren von Holdinghausen oder Hees.
Friedrich Philippi meinte jedoch, die Herren von Wilnsdorf seien aus dem
sauerländischen Schmallenberg gekommen und stammten von dem dortigen, bereits im
11. Jahrhundert belegten Geschlecht namens Colve ab. Erst in einer Urkunde aus
dem Jahr 1277 wurde der Beiname Kolbe in Verbindung mit Wilnsdorf erstmals
erwähnt. Dieser kam jedoch nicht, wie Philippi meinte, bei den Herren von
Wilnsdorf vor, sondern bei deren, Kolbe genannten, Verwandten, von denen nach
einer Urkunde ein Hermann von Wilnsdorf Güter in Holdinghausen gekauft haben
soll. Seit 1309 ist der Beiname Kolbe auch für die Wilnsdorfer Herren belegt. In
einer Urkunde vom 29. September 1467 führten die Herren von Wilnsdorf offiziell
den Namen Kolben von Wilnsdorf. Aus Schatzungsregistern aus dem Jahr 1542 lässt
sich ableiten, dass die Herren von Wilnsdorf die alleinigen Grundherren weiter
Teile des Siegerlandes waren. Dies widerspricht der Theorie der Einwanderung der
Wilnsdorfer, da ein Einwanderer nicht alleiniger Grundherr sein konnte. Die
Herren von Wilnsdorf besaßen bis zum 13. Jahrhundert eine Burg in Wilnsdorf. Von
ihr aus konnte das gesamte obere Heckenbachtal überblickt werden. Vermessungen
um die heutige Kirche, die auf den Grundmauern der Burgterrasse errichtet wurde,
und die lange noch sichtbaren Burggräben lassen auf ein Burggelände von knapp
1,2 Hektar schließen. In der ersten Hälfte des Jahres 1233 ließ Konrad von
Marburg die Burg und den Ort Wilnsdorf im Ketzergericht wegen
Inquisitionsvergehen komplett zerstören. Nach Grundrissen aus dem 18.
Jahrhundert und einer dort beschriebenen kleinen Kirche könnte diese bereits vor
dem Brand bestanden haben und somit 1233 nicht zerstört worden sein. In den
Jahren 1968 und 1969 wurden neben der evangelischen Kirche, die seit 1913 auf
dem Grund der ehemaligen Burg steht, Ausgrabungen unter Beteiligung der Gemeinde
Wilnsdorf und der evangelischen Kirchengemeinde durchgeführt. Dabei wurden
Hinweise auf die Geschichte der Burg gefunden. Neben der Burgstraße und der
Kolbestraße erinnert die Flurbezeichnung Im Graben an die einstige Ausdehnung
der Burg. Bis in die 1950er-Jahre waren noch Teile des Burggrabens zu erkennen.
Noch 1865 waren Mauerreste sichtbar, die 90 Jahre später verschwunden waren.
Heute sind nur noch hinter dem Haus Mainzer Straße 14, ehemals Mainzer Straße 5,
Burggrabenreste vorhanden. Nach der Zerstörung der Burg bauten die Herren von
Wilnsdorf einen neuen Wohnsitz am Hang des Astenberges zwischen den Straßen nach
Eisern und Rödgen. Dort wohnten sie bis zum Tode ihres letzten Nachkommen.
Bereits 1566 bestand Wilnsdorf wieder aus 40 Höfen, was einen Ort von
beachtlicher Größe darstellte. Im Jahr 1311 wurde in einer Stiftung von
Philippus von Wilnsdorf eine Kirche, die vermutlich die Wilnsdorfer Herren
stifteten, und 1444 erstmals ein Pfarrer in Wilnsdorf erwähnt. Wilnsdorf war zu
dieser Zeit noch kein eigenständiges Kirchspiel, Pfarrort wurde es erst später.
Eine Urkunde vom 4. März 1328 weist Rödgen als Kirchspielort aus. Der Besitz,
der auch vom 1298 erstmals erwähnten Silberbergbau unterhalb der
Kalteiche herrührte, und die engen Verbindungen zum hessischen Adel und
der weite Besitz auch im nördlichen Siegerland zeugen vom Einfluss der
Wilnsdorfer Herren. Sie besaßen das Patronat über die Kirchen zu
Ferndorf, Wilnsdorf, Rödgen, Haiger, Frohnhausen, Dresselndorf, Burbach
und Neunkirchen. Bis 1333 waren die Wilnsdorfer noch eigenständiger
Nachbar der Nassauer Grafen. Dies änderte sich, als sich in einer
Urkunde vom 7. Dezember 1339 die vier Brüder zu Wilnsdorf zu „ihrem
Herrn Grafen Heinrich“ zu Nassau bekannten. Der Einfluss der Herren von
Wilnsdorf hatte damals bereits stark abgenommen, der des Hauses Nassau
jedoch nahm stetig zu. Im Jahr 1340 wurden die Herren von Wilnsdorf
nassauische Lehnsmannen. Durch die häufige Erbteilung unter den
zahlreichen Nachkommen, die zum Teil ihre Heimat verließen,
zersplitterte der Besitz nach und nach. Grund und Güter gerieten in
fremde Hände und die Wilnsdorfer hatten nicht die finanziellen Mittel,
dies zu verhindern. Die Einnahmen wurden deutlich weniger und es häuften
sich beachtliche Schulden an. Zahlreiche Urkunden nach 1340 beweisen den
Verkauf von Familienbesitz zur Schuldentilgung. Der Einfluss der Ritter
von Wilnsdorf nahm damit ab. Zur schwierigen finanziellen Situation
kamen die Verpflichtungen gegenüber den Nassauer Grafen, im Kriegsfall
zu kämpfen, kleine Ehrschätze zu liefern und die Treue zu halten. 1626
starb mit Junker Johann von Wilnsdorf der letzte Erbe und damit das
Geschlecht der Herren von Wilnsdorf aus |
reformation / religionszugehörigkeit |
1530 begann sich die Reformation im Siegerland auszuwirken; Graf Wilhelm der
Reiche von Nassau-Dillenburg führte sie ein, nachdem er 1521 in Worms Luther
gehört hatte. Wilnsdorf war erst lutherisch, später setzte sich das reformierte
Bekenntnis durch. Erster evangelischer Pfarrer war Heinrich Naurath, er starb
bereits 1539. Nach dem Tod des zweiten Pfarrers und dem Wechsel des Rödger
Pfarrers nach Wilnsdorf wurden 1575 die beiden Pfarreien zusammengelegt. Diese
Vereinigung bestand zu Anfang und in der Mitte des 17. Jahrhunderts nicht mehr.
Kurz vor 1595 muss Wilgersdorf von Haiger nach Wilnsdorf umgepfarrt worden sein,
da in diesem Jahr die ersten Wilgersdorfer Kinder in Wilnsdorf getauft wurden.
1626 wurde Wilnsdorf wieder katholisch, die reformierten Pfarrer wurden auf
Anordnung von Johann dem Jüngeren zu Nassau-Siegen ihres Amtes enthoben. Von
1632 bis 1651 gab es mehrere Konfessionswechsel. Die Pfarreien Wilnsdorf und
Rödgen wurden wieder vereinigt. Das evangelische Kirchspiel wurde zur
Doppelpfarrei Rödgen-Wilnsdorf, das katholische zu Wilnsdorf-Rödgen. Es folgten
unruhige Jahre, in denen es immer wieder zu Reibereien zwischen dem katholischen
und dem evangelischen Pfarrer kam. Die Reibereien blieben nicht ohne Folgen,
häufige Pfarrerwechsel nach teilweise nur wenigen Monaten waren auf beiden
Seiten keine Seltenheit. Im Jahr 1711 wurde Hyazinth wieder zur Regierung
zugelassen, er erließ Gesetze zur Unterdrückung der evangelischen Untertanen.
Man verhängte Strafzahlungen und höhere Abgaben und forderte evangelische Lehrer
und Pfarrer zur Amtsniederlegung auf. Am 9. Juni 1712 beschwerten sich
Untertanen beim Kaiser, der Anfang 1713 eine ernste Mahnung an Hyazinth
richtete. 1720 wurde der Fürst durch Kaiser Karl VI. komplett ausgeschaltet und
die Unterdrückung aufgehoben. Hyazinth verlegte ein Jahr später seinen Wohnsitz
nach Spanien. Doch bereits 1724 erließ die nassau-fürstliche Verwaltung eine
Verordnung zur Wiederherstellung der Religionsverhältnisse „in den vorigen
Stand“. Die evangelischen Schulmeister wurden vertrieben, die evangelische
Bevölkerung wurde gezwungen, auch die neuen katholischen Lehrer zu bezahlen.
Dabei waren die Konfessionsverhältnisse eindeutig: Allein in Wilnsdorf gab es 33
reformierte und nur 14 katholische Häuser, in Wilgersdorf 32 reformierte und nur
5 katholische Häuser. Ähnlich sah es auch im Kirchspiel Rödgen aus. Der
reformierte Fürst Wilhelm IV. von Nassau-Oranien vereinigte 1742 das
dreigeteilte Siegerland wieder und machte von seinem Recht, die Religion seiner
Untertanen zu bestimmen, keinen strengen Gebrauch. Dieses Mal fühlten sich
jedoch eher die Katholiken als die Unterdrückten. Zwischen 1750 und 1800
wechselte der katholische Pfarrer 15 mal. |
grenzstreitigkeiten |
Die drei Söhne von Otto I. teilten nach seinem Tod (1290) 1301 das Siegerland auf die Seitenlinien Nassau-Hadamar, Nassau-Dillenburg und Nassau-Siegen auf. Damit entstand erstmals die Grenze zwischen Wilnsdorf und dem benachbarten Haiger über die Kalteiche. Die fünf Söhne von Johann VI. teilten das Siegerland 1606 auf die fünf Linien Diez, Hadamar, Beilstein, Dillenburg und Siegen auf. Johann der Jüngere erhielt bei einer weiteren Teilung das Amt Netphen und die Kirchspiele Rödgen und Wilnsdorf sowie durch einen Nachtrag vom 26. Januar 1623 die Ortschaften Kaan, Bürbach, Volnsberg, Weidenau und Eiserfeld. Durch diese Einteilung entstand die spätere Bezeichnung Johannland. Nachdem die Lande geteilt und die Grenzen festgelegt worden waren, kam in den Folgejahren ein Streit über den genauen Grenzverlauf zwischen dem südlichen Nassau-Siegen und dem benachbarten Freien Grund, in dem die Doppelherrschaft Nassau-Dillenburg und Sayn herrschte, auf. Ein Grenzgang durch Nassau-Dillenburg und Sayn im Jahre 1579 um den Freien Grund nannte im Bereich Wilnsdorf die Grenzpunkte Wiebelhausen, Weißenberg und Löhrsberg. Einen Grenzgang des in Nassau-Siegen gelegenen Amtes Siegen 1597, bei dem der Wildebach als Grenze angegeben wurde, erkannte Nassau-Dillenburg/Sayn nicht an. Im Jahr 1610 wiederholten sich die Grenzgänge von Nassau-Siegen, die Grenze verlief am Wildebach entlang und westlich des Elkersbergs auf die Höhe. Damit wurde Oberwilden von Mittel- und Unterwilden abgetrennt. Ein Kompromissvorschlag der Siegener, die Grenze einzumitteln, wurde nicht angenommen. Ein Grund, die Grenze nach der Dillenburger Grenzbegehung von 1579 festzulegen, war das anscheinend schon alte Recht der Wildener Einwohner, am Wildenberg und am Elkersberg ihr Vieh zu weiden. Nach der letzten Grenzbegehung 1622 verlief die Grenze über den Pfannenberg, den Höhenweg zur Rinsdorfer Höhe (der heutigen Rausche), die Wildener Höhe, den Helschberg, die Rotscheid („Ratzenscheid“) zum Weißenberg, Löhrsberg und nach Wiebelhausen. Sie ist in diesem Abschnitt noch die Gemarkungsgrenze zwischen den Ortsteilen Wilden und Rinsdorf beziehungsweise Wilnsdorf. Anfang des 18. Jahrhunderts versank das Siegerland in Not und Elend. Wilhelm Hyazinth gab weitaus mehr Geld aus als sein Vater und mehr als das Fürstenhaus einnahm. Die Bevölkerung konnte die hohen Steuern nicht aufbringen. Als die Geldsorgen erdrückend wurden, verpfändete er im Jahre 1703 Wilnsdorf und Wilgersdorf den beiden Frankfurter Bankiers Johann Martin de Roon und Johann Wolfgang Schönemann. Erst zum 30. Januar 1755 erließ Prinz Wilhelm V. von Oranien Wilnsdorf und Wilgersdorf die Schulden. 1624 wurde die Wilnsdorfer Kirche auf den alten Grundmauern der Burg erweitert. In den Jahren 1700 und 1701 wurde der baufällige Turm der Kirche abgerissen und durch einen neuen ersetzt. Seitdem lässt sich eine Uhr an einer Wilnsdorfer Kirche nachweisen. Gleichzeitig wurde die Kirche renoviert. Nachdem in Rödgen in den Jahren 1779 bis 1781 die Pfarrkirche St. Johannes Baptist erbaut worden war, die knapp sieben Jahre später um einen katholischen Teil erweitert wurde, strebte man auch in Wilnsdorf einen Neubau an. Ab dem 22. Mai 1789 wurde die Kirche abgerissen. Ihr folgte in zweijähriger Bauzeit eine neue, simultan genutzte Kirche. Sie wurde am 4. September 1791 geweiht. Da Wilnsdorf an der Gabelung zweier großer Wege lag und zu den Gemarkungsgrenzen hin größere Steigungen zu bewältigen waren, stieg die Nachfrage der Fuhrleute und Reisenden nach Herbergen und Ställen für die Pferde. Dies brachte Verdienstmöglichkeiten besonders für Wirte, Schmiede und Wagner. Um 1800 gab es noch eine eigene Brauerei im Ort, nachdem jahrhundertelang alle Herbergen ihr Bier selbst gebraut hatten. Von 1777 bis 1780 wurden die Ortsstraßen mit den Basaltvorkommen auf der Kalteiche, von denen heute nichts mehr vorhanden ist, großzügig ausgebaut. |
koalitionskriege (napoleon) und folgen |
Während der Koalitionskriege trafen am 4. Juli 1796 in der Schlacht an der Kalteiche französische und österreichische Truppen aufeinander. Die Franzosen, welche zwei Tage zuvor die Österreicher bis nach Rödgen zurückdrängen konnten, erhielten den Befehl, in Richtung Dillenburg zu ziehen. Für Wilnsdorf und andere Ortschaften an der Kalteiche brachte die Schlacht erhebliche Nachteile, da die Bürger für die Verpflegung der Truppen sorgen mussten. Nach der Schlacht an der Kalteiche mussten die Bürger der umliegenden Orte hunderte Tote begraben, Verwundete versorgen und Plünderungen durch die Truppen erleiden. Den Sieg errangen die Franzosen unter der Führung Jourdans. Im Jahr 1806 wurde Wilnsdorf wie das restliche Siegerland Teil des Großherzogtums Berg. Die sogenannte Franzosenzeit brachte aber neben der allgemeinen Teuerung nicht nur Negatives; die Gewerbefreiheit wurde eingeführt, Frondienste wurden aufgehoben. In Wilnsdorf wurde die Maire Wilnsdorf für die Orte der Kirchspiele Rödgen und Wilnsdorf gebildet, Vorgängerin der späteren Bürgermeisterei. Ab 1813 zogen mehrere Truppenteile des deutschen Widerstandes gegen die Franzosen durch den Ort. Deren Unterbringung und Verpflegung war wiederum eine große Belastung für die Wilnsdorfer Bevölkerung. Der Wiener Kongress teilte im Mai 1815 Wilnsdorf und das übrige Siegerland dem Königreich Preußen zu, kurze Zeit später aber kam es mit einigen anderen Orten zum Herzogtum Nassau. Beschwerden der Siegerländer erreichten jedoch die Rückgabe der Gebiete am 19. Oktober 1816 an Preußen. Am 1. Juni 1817 wurde Wilnsdorf dem Regierungsbezirk Arnsberg zugeteilt. Im Jahr 1816 entstand ein Zollhaus am Rande der Kalteiche, da am Berg die Grenze zu Nassau verlief. In Wilnsdorf befand sich bis 1835 das Hauptzollamt an der Grenze Preußens zu Nassau. Zum Amt gehörten fünf Nebenzollämter erster Klasse (Burbach, Laasphe, Hallenberg, Medebach und Giershagen) und 17 Nebenzollämter zweiter Klasse, von denen acht im Siegerland lagen (Wiederstein, Lippe, Oberdresselndorf, Holzhausen, Würgendorf, Wilgersdorf, Gernsdorf und Irmgarteichen). Im neu gebildeten (Land-)Kreis Siegen entstand die Bürgermeisterei Wilnsdorf mit den sieben Gemeinden Eisern, Obersdorf, Rinsdorf, Wilgersdorf, Wilnsdorf, Nieder- und Oberdielfen. Aufgrund der preußischen Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westphalen 1841 wurden die Bürgermeistereien durch Ämter ersetzt. Im Jahr 1844 entstand das Amt Wilnsdorf als Ersatz für die Bürgermeisterei beziehungsweise die Mairie Wilnsdorf als Kommunalverband. Im Jahr 1895 wurde die Gemeinde Wilden, die bis dahin zum Amt Burbach gehörte, dem Amt Wilnsdorf zugewiesen. Der Trupbacher Johann Heinrich Weißgerber kehrte 1829 von Düsseltal am Rhein zurück, wo er mit Kreisen der Erweckungsbewegung in Berührung gekommen war. In den folgenden Jahren hielt er in den umliegenden Orten, so auch in Wilnsdorf, christliche Stunden ab, wachsende Begeisterung in den Ortschaften hervorriefen und 1834 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zur Spaltung des Gemeinschaftslebens im Siegerland führten. Den meisten Zuspruch fand Weißgerber im Kirchspiel Rödgen-Wilnsdorf, wo in Eisern und Rinsdorf regelmäßige Versammlungen stattfanden. Die restliche Bevölkerung und die kirchlichen Vertreter waren jedoch nicht gut darauf zu sprechen, weshalb Weißgerber seine Arbeit 1854 einstellte und erst nach der Einführung des Versammlungsrechtes wieder aufnahm. Seit 1900 besaß jede Ortschaft im Kirchspiel ein eigenes Vereinshaus für Versammlungen. |
19.jahrhundert |
Im 19. Jahrhundert wuchs Wilnsdorf stetig. Vor allem an der Hauptstraße nach Norden und Süden entstanden stetig neue Häuser. Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebte von Landwirtschaft und Handwerk, während der Bergbau in Wilnsdorf eine außergewöhnlich geringe Bedeutung für das Siegerland hatte, das für diesen bekannt war; 1813 wohnten nur acht Bergleute in Wilnsdorf. Dies entsprach ca. 10 % der Haushalte, während etwas mehr als ein Drittel (38 %) von der Landwirtschaft und 16 % vom Handwerk lebten.[40] Außer zwei Pfarrhäusern und der Schule gab es keine repräsentativen Häuser. Das Ortsbild veränderte sich mit dem Bau der katholischen Kirche im neuromanischen Stil 1889 bis 1891, deren Turm noch steht. Das Schiff musste jedoch wegen Baufälligkeit in den 1970ern abgerissen werden. Ebenfalls ortsbildverändernd war die Umstellung von stroh- auf schiefergedeckte Dächer aufgrund der hohen Brandgefahr von Stroh. Während es 1820 neben 65 mit Stroh gedeckten Dächern nur acht Schieferdächer gab, waren es 1885 78 von 138 Dächern. In den 1940er Jahren verschwand das letzte Strohdach. 1874 wurde in Wilnsdorf eine Poststelle im Hause Mainzer Straße 2 eingerichtet. Vorher geschah die Postzustellung mit Hundegespannen. Die Industrialisierung zog erst sehr spät in Wilnsdorf ein. Große Eisen- oder Metallhütten suchte man im Ort vergebens, da es sich für die geringen Wilnsdorfer Erzmengen nicht lohnte. Die Anbindung der Eisenbahn wurde zwar in den 1890er Jahren geplant, aber nie realisiert. Erst in den 1870ern wurde die Erlaubnis zur Errichtung eines Dampfkessels in der Mühle Fischbach erteilt. Die ärztliche Versorgung im 19. Jahrhundert stellte ein Problem für die Gemeinde dar und war für die Patienten mit weiten Fußmärschen verbunden. Erst 1870 ließ sich der Arzt Lürken als erster Arzt in Wilnsdorf nieder. Während zwischen 1805 und 1812 noch 78 von knapp 500 Einwohnern starben, waren es zwischen 1905 und 1912 nur noch 62 bei einer Einwohnerzahl von knapp 900. Auch die erste Apotheke kam verhältnismäßig spät nach Wilnsdorf, 1886 eröffnete der Apotheker Oskar Janssen aus Netphen eine Filiale im Ort. Der Bergbau im Amt Wilnsdorf wuchs im 19. Jahrhundert stark an. Eisenschmelzhütten gab es bei Eisern und Wilden. Aus den kleinen Gruben wie Eisernhardter Tiefbau und Eiserner Union in Eisern entstanden im Laufe der Zeit Verbundgruben. Beide entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In der heutigen Gemeinde Wilnsdorf gab es insgesamt etwa 20 größere Gruben, von denen acht industriellen Tiefbau betrieben. Dies waren die Gruben Prinz Friedrich (1848–1903) und Silberquelle (1874–1911) zwischen Obersdorf und Eisern, die Grube Grimberg (1794–1910) bei Niederdielfen, in der knapp 827.000 Tonnen Eisenerz gefördert wurden, die Gruben Neue Hoffnung (1883–1913) und Viktoria (1883–1912) bei Wilgersdorf, die Grube Marie (1867–1918) südlich Wilnsdorf und die beiden Gruben Landeskrone (1801–1901) und Bautenberg bei Wilden. Die größte und bekannteste von ihnen war die Grube Bautenberg am gleichnamigen Berg bei Unterwilden, die bereits 1461 in Betrieb war und erst 1942 als letzte im heutigen Gemeindegebiet geschlossen wurde. Sie förderte 2,869 Millionen Tonnen Eisenerz aus einer Teufe von bis zu 1025 Metern und stand zeitweise an neunter Stelle der Siegerländer Förderstatistik. 1957 wurde mit der Grube Ameise in Eisern die letzte im Gebiet des damaligen Amtes Wilnsdorf stillgelegt. Nachdem 1836 die Zollerhebung eingestellt worden war, stand das Zollgebäude leer. Die Wilnsdorfer Bürger nutzten es für verschiedene Aktivitäten. Der Vorschlag, das Gebäude in eine Kirche umzubauen und das Simultaneum aufzuheben, gefiel vor allem dem katholischen Pfarrer. Im September 1841 stellten sowohl die katholische als auch die evangelische Gemeinde den Antrag auf Besitz des Gebäudes. Es folgten Jahre der Meinungsverschiedenheiten darüber, welcher Gemeinde das Gebäude „eher zustehen würde“. Am 29. April 1852 fand das Simultaneum ein Ende; die katholische Gemeinde erhielt das Hauptzollamtsgebäude, die evangelische Gemeinde die bisherige Kirche und das Schulhaus. Am 11. November 1852 wurde das umgebaute Zollamtsgebäude als katholische Kirche eingeweiht. Auch die evangelische Kirche wurde instand gesetzt und renoviert und bis zum Neubau 1911 bis 1913 genutzt. Im Jahr 1854 erhielt sie die erste Orgel in Wilnsdorf. Im Ortsgebiet Wilnsdorf gab es keine größeren Bergwerke. Die Grube Marie war zwischen 1867 und 1918 in Betrieb und lag am Südhang der Kalteiche, gefördert wurden Blei-, Zink- und Kupfererze bis in 130 m Teufe. In der Nähe lagen die Gestellsteinbrüche, die bis ca. 1890 Steine für das gesamte Siegerland förderten sowie die ältere, aber kleinere Grube Löwenstern, die bereits vor 1800 bestanden haben muss und zur Grube Marie gehörte. Die Grube Bruno förderte zwischen 1853 und 1866 266 Tonnen Bleierze und 31 Tonnen Zinkblende und war durch zwei Stollen erschlossen. 1957 untersuchte die Erzbergbau Siegerland AG die Hänge der Kalteiche mit Probebohrungen bis zu 800 m Teufe auf Erzgänge. Der Abbau war jedoch nicht wirtschaftlich. |
20.jahrhundert bis heute |
Im Jahr 1910 löste eine Wasserleitung die Brunnen vor den Häusern ab. Im oberen Heckenbachtal wurde ein Wasserstollen angelegt und ein Hochbehälter errichtet. 1937 mussten wegen Wassermangels neue Zuleitungen von anderen Quellen verlegt werden. 1919 löste ein Elektromotor den Benzinmotor in der Wilnsdorfer Mühle ab, bis 1921 wurde Wilnsdorf durch die Mittelwildener Mühle Winkler und das 1902 gegründete Elektrizitätswerk Siegerland (EWS) elektrifiziert. Ab 1925 fing man an, ein Telefonnetz aufzubauen, nachdem ein Kabel von Frankfurt am Main über die Kalteiche, Wilnsdorf und Siegen nach Dortmund verlegt worden war. Im selben Jahr wurde eine Buslinie über Eisern nach Siegen eröffnet. Diese Neuerungen ließen den Ort selbst in schwierigen Zeiten während der Weltkriege und der Weltwirtschaftskrise anwachsen. Bis 1931 nahmen wegen hoher Arbeitslosigkeit Diebstähle auf Feldern und in den Gärten zu. Um die materielle Not zu lindern, wurde auch in Wilnsdorf eine Winterhilfe eingerichtet. Im Ersten Weltkrieg kehrten 37 Wilnsdorfer nicht nach Hause zurück. Am 20. September 1931 wurde das Ehrenmal, ein gemauerter Turm mit Kugel und Kreuz als Denkmal für die Kriegsopfer eingeweiht. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 kam das Vereinsleben zum Erliegen. 75 Reservisten aus Wilnsdorf wurden sofort einberufen. Drei Wochen lang war eine Sanitätseinheit aus der Havelgegend in Wilnsdorf einquartiert, vom 8. November 1939 bis zum 11. Mai 1940 170 Mann und 140 Pferde der 8. Batterie des bayerischen Artillerie-Regiments Nr. 27. 1943 und 1944 wurden 111 Familien aus dem Ruhrgebiet und 120 Siegener evakuiert und fanden in Wilnsdorf Unterkunft. 1945 erfolgte ein Bombenangriff zwischen Wilnsdorf, Wilgersdorf und der Kalteiche, bei dem jedoch keine Verluste zu verzeichnen waren. Später griffen Tiefflieger Wilnsdorf an, mehrere Häuser brannten ab. Am 30. und 31. März marschierten die Amerikaner in Wilnsdorf ein. Im Krieg fielen 64 Wilnsdorfer, 28 wurden vermisst. Im Jahr 1955 wurde das Ehrenmal um die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges erweitert. Von 1946 bis 1947 wurde letztmals Getreide im Hauberg gesät, 1958 war der letzte Viehauftrieb. Ende der 1950er Jahre verschwand ein Großteil der Landwirtschaft, die das Gemeindeleben hunderte Jahre lang mitgeprägt hatte. Heute betreiben nur noch größere Bauern in der Umgebung Landwirtschaft, der Großteil der Bevölkerung arbeitet in Industrie und Handel. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Ort rasant an. 1951 wurde eine Omnibuslinie nach Rinsdorf in Betrieb genommen, 1952 die Müllabfuhr eingeführt, zwischen 1955 und 1960 das Wasserleitungsnetz grunderneuert. 1958/59 wurde mit dem Neubau eines Tiefbrunnens im oberen Heckenbachtal und dem Bau eines Hochbehälters an der Kalteiche begonnen. 1957 begann die Planung der Autobahn 45, auch Sauerlandlinie genannt. Zehn Jahre später wurde das Teilstück zwischen den Anschlussstellen Haiger/Burbach und Siegen-Eisern freigegeben, an das Wilnsdorf durch eine eigene Anschlussstelle angebunden ist. Auch der Bau der Autobahn hat das Wachstum der Gemeinde rasant ansteigen lassen. Zahlreiche neue Wohngebiete wurden erschlossen und bebaut. Dies waren im Jahr 1950 In der Struth, 1963 Zum Ehrenmal, 1965 In der Neuwies und 1966 Am Jägeracker und Am Kritzelgarten. |
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