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saljut - programm (Russland) |
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Allgemeines |
Saljut war die Bezeichnung für mehrere sowjetische Raumstationen in den 1970er
und 1980er Jahren. Nachdem die Sowjetunion den Wettlauf ins All lange angeführt
hatte, bei der ersten bemannten Mondlandung aber unterlag, rückte der erdnahe
Orbit wieder in den Vordergrund. Um dem amerikanischen Skylab-Programm von 1973
zuvorzukommen, wurde mit Saljut 1971 ein neues Programm gestartet. Die
Sowjetunion erlangte damit wieder den Status, als erste einen neuen Meilenstein
im Weltraum erreicht zu haben. |
geschichte |
Seit 1964 wurde in der Sowjetunion an einer
militärischen Raumstation gearbeitet, die das Gegenstück zum
amerikanischen MOL-Programm (Manned Orbiting Laboratory) der US Air
Force darstellen sollte. Diese Station wurde vom Konstruktionsbüro
OKB-52 unter Wladimir Tschelomei entwickelt und trug den Namen Almas
(russisch Алмаз für „Diamant“) oder OPS (ОПС, Орбитальная пилотируемая
станция, Orbitalnaja Pilotiruemaja stanzija für „Bemannte
Orbital-Station“). Als Zubringer sollte das ebenfalls noch zu
entwickelnde TKS-Raumschiff dienen. Als sich im Sommer 1969
herausstellte, dass bis zum Erstflug von Almas und TKS noch einige Jahre
vergehen würden, entstand die Idee, parallel dazu eine zivile
Raumstation zu entwickeln, die auf einer Almas-Struktur basieren sollte,
aber Sojus-Technologie einsetzte. Die endgültige Entscheidung wurde mit
dem Beschluss des Ministerrates 105-41 vom 9. Januar 1970 autorisiert.
Im Frühjahr 1970 wurden vier bereits fertige Gehäuse und
Ausstattungselemente vom Almas-Typ inklusive aller Unterlagen von
Tschelomei an das von Mischin geleitete „Zentrale Konstruktionsbüro des
experimentellen Maschinenbaus“ übergeben. Diese Raumstation erhielt die
Bezeichnung DOS („Langzeit-Orbital-Station“) und wurde vom
Konstruktionsbüro ZKBEM, dem früheren OKB-1, durch die Kombination der
gelieferten Module mit bereits erprobten Systemen der Sojus-Raumschiffe
entwickelt. DOS-1 sollte nach den damaligen Planungen bereits Ende 1971
einsatzbereit sein. Tatsächlich erfolgte die Fertigstellung der
DOS-Station unter dem Namen Saljut 1 bereits im Dezember 1970, so dass
der Start im April 1971 stattfinden konnte. Um die militärische Natur
der Almas-Stationen zu verschleiern, wurden öffentlich sowohl
erfolgreich gestartete DOS- als auch Almas-Stationen unter der
Bezeichnung „Saljut“ geführt. Insgesamt wurden sechs DOS-Stationen und
fünf Almas-Stationen gebaut und gestartet. Zwei DOS-Stationen und eine
Almas-Station konnten nicht bemannt werden, somit wurden vier DOS- und
zwei Almas-Stationen benutzt. Die beiden zuletzt gebauten OPS-Stationen
wurden als unbemannte automatische Aufklärungsplattformen genutzt und
starteten unter den Namen Kosmos 1870 im Juli 1987 und als Almas 1 im
März 1991. Die Stationen beider Reihen trugen dabei wesentlich zur
Erforschung der Technologien bei, die für einen langfristigen Aufenthalt
und den Bau von komplexeren Strukturen im Weltraum nötig sind. Die
Almas-Stationen unterschieden sich äußerlich kaum von den ersten
Saljut-Stationen Saljut 1 und 4, da beide auf den Arbeiten des
Konstruktionsbüros Tschelomeis basierten. Die nie für bemannte Flüge
eingesetzten Zubringerraumschiffe TKS für drei Kosmonauten sollten unter
anderem jeweils acht Rückkehrkapseln mit zur Raumstation bringen. In
diesen Kapseln konnten 100 kg Nutzlast zur Erde zurückgeführt werden.
Die Almas-Stationen waren mit einer umfangreichen und hochauflösenden
Fototechnik ausgestattet. Die Filme konnten an Bord entwickelt werden.
Weitgehend unbekannt ist, dass mindestens eine Almas-Station (Saljut 3)
bewaffnet war. |
technische daten |
Die Saljut-Stationen vor Saljut 6 bestanden aus
einer vorderen Schleusensektion mit Kopplungsstutzen mit insgesamt 3,3 m
Länge und einem Durchmesser von 2 m, gefolgt vom vorderen Arbeitsraum
mit zylindrischer Form und einer Länge von 3,8 m und einem Durchmesser
von 3,0 m. Es folgt eine konische Zwischensektion von 1,2 m Länge deren
Durchmesser von 3,0 m auf 4,15 m ansteigt und der hintere Arbeitsraum
von zylindrischer Form und einer Länge von 4,2 m und einem Durchmesser
von 4,15 m. Den Abschluss bildet eine zylindrische Hecksektion von 1,9 m
Länge und einem Durchmesser von 2,2 m. Die Gesamtlänge der Station
betrug ca. 15 m, das Gesamtvolumen etwa 100 m³ und die Gesamtmasse etwa
18,5 t. Die Energieversorgung erfolgte bei Saljut 1 und 2 durch vier
starre (beim Start eingeklappte) Solarzellenflächen von etwa 10 m
Spannweite, von denen jeweils zwei an der vorderen Schleusensektion und
an der Hecksektion angebracht wurden. Ab Kosmos 557 kamen drei drehbar
gelagerte und so zur Sonne ausrichtbare Solarzellenflächen an der
vorderen Arbeitssektion mit jeweils 6,6 m Länge zum Einsatz. Allen
gemeinsam war, dass die mittlere Sektion und die Hecksektion den
Raumfahrern als Lebensraum und für wissenschaftliche und technische
Geräte zur Verfügung standen. An der Hecksektion waren außerdem ein
Triebwerk für Bahnmanöver und ein weiterer Kopplungsstutzen angebracht.
Die mit einem Kopplungsstutzen ausgerüsteten Sektionen waren hermetisch
vom Rest der Station abtrennbar und dienten so als Luftschleuse. Bei den
ersten Stationen dienten die Sojus-Raumschiffe nicht nur als
Transportmittel, sondern auch noch als Erholungs- und Schlafraum. Die
letzten beiden Saljut-Stationen (6 und 7) waren mit 18,9 t etwas
schwerer als die vorherigen fünf und unterschieden sich auch im Aufbau.
In der Hecksektion wurde ein zweiter Kopplungsstutzen eingebaut. Damit
konnten erstmals gleichzeitig zwei Raumschiffe an eine Raumstation
koppeln, so dass sich neben den Stammbesatzungen auch Besuchsmissionen
in den Stationen aufhalten konnten. Auch ein Austausch der Raumschiffe
war möglich, so dass die Missionsdauer der Stammbesatzung über die
Lebenszeit eines Sojus-Raumschiffs ausgedehnt werden konnte. Außerdem
konnten Progress-Frachtraumschiffe an der Station anlegen, um die
Vorräte zu ergänzen und Abfall beim Verglühen in der Erdatmosphäre zu
entsorgen. Für Bahnkorrekturen wurden auch die Triebwerke der
angekoppelten Sojus- oder Progress-Raumschiffe verwendet. Für den Start
der Stationen wurde eine Proton-Trägerrakete eingesetzt. |
stationen | |
saljut 1 (DOS 1) |
Saljut 1 wurde am 19. April 1971 gestartet und war die erste Raumstation. Sojus
10 führte ein Kopplungsmanöver mit der Station durch, die Mannschaft konnte
diese aber nicht betreten. Die einzigen Kosmonauten, die sich an Bord
aufhielten, war die Besatzung von Sojus 11, die aber bei der Rückkehr wegen
eines geöffneten Luftventils des Sojus-Raumschiffes ums Leben kam. Insgesamt war
die Station an 24 Tagen bemannt und verglühte nach 175 Tagen im Orbit am 11.
Oktober 1971 in der Atmosphäre. Saljut 1 bestand im Wesentlichen aus einer
leeren Almas-Hülle und vielen Sojus-Bestandteilen, unter anderem einem
kompletten Servicemodul am Heck. |
saljut 2a (dos 2) |
Die zweite zivile Raumstation der Sowjetunion sollte am 29. Juli 1972 gestartet
werden. Durch einen Fehler der verwendeten Trägerrakete vom Typ Proton kam es zu
einer Explosion, die die Raumstation kurz nach dem Start zerstörte. |
saljut 2 (almas 1) |
Am 3. April 1973 wurde der Prototyp der streng geheimen militärischen
Almas-Station gestartet. Um die wahre Natur der Station zu verschleiern, wurde
ebenfalls eine Saljut-Bezeichnung vergeben. Die Station erreichte zunächst den
vorgesehenen Orbit. Nach zwei Tagen unbemannten Flugs wurde ein plötzlicher
Druckverlust an Bord der Raumstation registriert, nach und nach fielen alle
Instrumente aus, bis sich am 29. April ein totaler Kontrollverlust einstellte.
Saljut 2 stürzte daraufhin bereits am 28. Mai des gleichen Jahres ab, ohne dass
eine Mannschaft an Bord gewesen war. Der Fehlschlag war wahrscheinlich dadurch
verursacht, dass der Resttreibstoff in der ausgebrannten dritten Stufe der
Proton-Trägerrakete explodiert war und Trümmerteile der Explosion die Saljut 2
mit hoher Geschwindigkeit getroffen hatten. |
kosmos 557 (dos 3) |
Die dritte zivile Raumstation wurde am 11. Mai 1973 gestartet. Sie konnte in der Umlaufbahn nicht stabilisiert werden, und verglühte bereits am 22. Mai 1973. Deshalb erhielt sie „nur“ eine Bezeichnung der Kosmos-Reihe. |
saljut 3 (almas 2) |
Der Start von Saljut 3 fand am 25. Juni 1974 statt. 16 Tage lang wurde die
Raumstation von der Besatzung von Sojus 14 genutzt. Der Flug von Sojus 15 musste
wegen Problemen abgebrochen werden. Am 24. Januar 1975 trat Saljut 3 wieder in
die Erdatmosphäre ein. Bei dieser Mission soll eine ursprünglich für Flugzeuge
konstruierte Schnellfeuerkanone NR-23 zum Einsatz gekommen sein. Kurz vor dem
Wiedereintritt, am Ende der Mission, wurden einige Schüsse abgefeuert, um das
Verhalten des Raumfahrzeugs gegenüber dem Rückstoß der Kanone zu untersuchen.
Offizielle Angaben zu diesem Versuch gibt es nicht. |
saljut 4 (dos 4) |
Saljut 4 wurde am 26. Dezember 1974 gestartet. Bis zum Absturz am 2. Februar
1977 wurde sie von den Besatzungen von Sojus 17 und Sojus 18 insgesamt 93 Tage
genutzt. Unter anderem wurden Laser-Ortungsversuche durchgeführt. |
saljut 5 (almas 3) |
Saljut 5 startete am 22. Juni 1976 und blieb bis zum 8. August 1977 im Orbit.
Die Besatzungen von Sojus 21 und Sojus 24 blieben insgesamt 67 Tage an Bord.
Eine weitere Mission, Sojus 23, schlug jedoch fehl. Das Almas-Programm wurde
1978 gestoppt und 1980 offiziell beendet. |
saljut 6 (dos 5) |
Saljut 6 wurde am 29. September 1977 gestartet und war die erste
wiederauftankbare Raumstation, dank des erstmals eingebauten zweiten
Kopplungsstutzens am hinteren (dickeren) Ende des Hauptmoduls. Dies ermöglichte
neben Besatzungstauschen das Andocken von Versorgungsraumschiffen vom Typ
Progress, die sowohl Lebensmittel als auch Sauerstoff und Treibstoff in die
Station brachten. Müll der an Bord lebenden Kosmonauten wurde aufgenommen und
verglühte beim Wiedereintritt der Versorgungsraumschiffe in die Erdatmosphäre.
Durch die Ver- und Entsorgungsmöglichkeit hatte die Station eine weitaus längere
Nutzungsdauer und blieb fast fünf Jahre im All, bis sie am 29. Juli 1982
verglühte. Insgesamt besuchten 16 Mannschaften Saljut 6. Mit dieser Raumstation
wurden im Rahmen des Interkosmos-Programms erstmals Raumfahrer aus befreundeten
Ländern eingeladen, an sowjetischen Raumflügen teilzunehmen, darunter der erste
Deutsche im Weltall, Sigmund Jähn, der am 26. August 1978 für die DDR startete.
Mit dem angedockten Modul Kosmos 1267 (TKS 2) war Saljut 6 die erste modulare
Raumstation. Insgesamt war die Station an 685 Tagen besetzt. |
saljut 7 (dos 6) |
Der Start von Saljut 7 erfolgte am 19. April 1982. Zehn Besatzungen taten
zwischen 1982 und 1986 auf der Station Dienst. Der längste Aufenthalt betrug 237
Tage. Mit den angedockten Modulen Kosmos 1443 und Kosmos 1686 (TKS 3 und 4) war
Saljut 7 wiederum eine modulare Station. Nach dem Start des Zentralmoduls der
neuen Raumstation Mir am 19. Februar 1986 wurden Teile der Ausrüstung von Saljut
7 durch einen Besuch von Sojus T-15 zur Mir gebracht. Der Flug von Sojus T-15
von der Mir zu Saljut 7 und wieder zurück zur Mir war der erste Flug eines
Raumschiffs zwischen zwei Raumstationen. Danach starteten keine weiteren
Kosmonauten mehr zu Saljut 7. Am 7. Februar 1991 trat die Raumstation in die
Erdatmosphäre ein und verglühte teilweise. Fragmente der Station gingen über
Argentinien nieder. |
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